
Tori Amos
„Mein Job ist es, zu stören.“
Zur Person
Tori Amos (geboren am 22. August 1963 in North Carolina) ist die Tochter eines Methodisten-Pfarrers, ihr Großvater gehört zum Stamm der Cherokee-Indianer. Schon als Kind erhielt sie eine musikalische Ausbildung, mit 13 spielte sie als Pianistin in Bars und behauptete sich dort gegen das hauptsächlich männliche Publikum. Mit 19 ging sie nach L.A., um von der Musik zu leben. Zunächst versuchte sie sich als Rocksängerin, was wenig erfolgreich war. Viel besser lief ihr erstes Album mit sehr persönlichen Pianosongs: Little Earthquakes war 1992 ein Hit und etablierte Tori Amos als weibliche Antwort auf den Grunge. Seitdem veröffentlich sie regelmäßig Platten, das neue Werk Native Invader ist ihr 15. Album. Sie ist seit 1998 mit dem englischen Studiotechniker Mark Hawley verheiratet, das Paar hat eine 17 Jahre alte Tochter.
18. Juli 2017, New York. Tori Amos teilt ihre Zeit möglichst gerecht zwischen New York und London auf. Über ein Auto verfügt sie in beiden Städten nicht. Während sie in der Heimatstadt ihres Mannes mit der U-Bahn fährt, erobert die 54-Jährige New York zu Fuß. Das Interview findet am Telefon statt, die Sängerin hat ihren ersten Spaziergang gerade hinter sich gebracht. Ohne langen Anlauf widmet sie sich ihrem Thema: Der erstaunlichen Kraft der Natur – und der unheimlichen Macht der antidemokratischen Kräfte in den USA.
Mrs. Amos, Sie waren gerade zu Fuß in New York unterwegs. Welchen Eindruck hat die Natur auf Sie gemacht? Gibt es überhaupt noch Natur in so einer riesigen Stadt?
Es gibt sie in Nischen. Und in den großen Parks, wobei man sie hier natürlich sehr strukturiert vorfindet. Daher mag ich die kleinen wilden Nischen lieber, und ich habe auch den Eindruck, es gibt immer mehr von ihnen. Die Menschen geben sich Mühe, kleine Ecken zu finden, die natürlich bleiben dürfen.
In einem Text zu Ihrem neuen Album „Native Invaders“ beschreiben Sie die „Resilienz der Natur“. Was hat es damit auf sich?
Alle Ökosysteme streben danach, sich zu erhalten, und die Natur hat im Laufe der Evolution viele Wege gefunden, um diese Stabilität zu erhalten. Nehmen Sie zum Beispiel einen Wald, der nach einem großen Feuer abgebrannt ist. Es ist sehr spannend, zu studieren, wie sich die Natur von dieser totalen Zerstörung wieder erholt. Das dauert zwar ein paar Jahre, die Natur ist nicht immer die Schnellste, das Leben ist geduldig. Mit der Zeit aber entstehen die ersten Kräuter und Sträucher, ein paar Jahre später wachsen auch wieder Bäume. Die Tiere kehren zurück, das System Wald baut sich langsam wieder auf. Die Natur braucht den Menschen dafür nicht. Sie stünde zweifellos wesentlich besser ohne ihn da, wir sind ja die mit weitem Abstand zerstörerischsten Kreaturen auf diesem Planeten. Natürlich gibt es auch Naturkatastrophen, die ohne menschlichen Einfluss geschehen, Erdbeben oder Vulkanausbrüche. Aber schon bei Lawinen und Erdrutschen fördert häufig der Mensch das Unglück, indem er die Natur verändert.