
Sonia Seymour Mikich
„Ich entschuldige mich ungerne nach oben, aber gerne zur Seite und nach unten.“
Zur Person
Sonia Seymour Mikich wurde am 13. Juli 1951 in Oxford als Tochter einer Deutschen und eines Jugoslawen geboren und wuchs zunächst in London auf. Nach dem Scheitern der elterlichen Ehe fand sie als Zehnjährige vorübergehend bei ihren Großeltern in Herne, Westfalen (Ruhrgebiet) ein Zuhause, ehe die Mutter ein paar Jahre später eine Wohnung und einen Job bei der britischen Rheinarmee in Mönchengladbach gefunden hatte. Mikich studierte in Aachen Politologie, Soziologie und Philosophie, lebte in einer Wohngemeinschaft und besuchte viele Demonstrationen, insbesondere für mehr Frauenrechte. Erste journalistische Erfahrungen sammelte sie schon vor dem Studium bei der Aachener Volkszeitung, später dann als freie Journalistin, unter anderem für Alice Schwarzers Magazin Emma. 1982 kam sie als Volontärin zum WDR, dem sie bis zum Eintritt in den Ruhestand 2018 treu bleiben sollte: als Korrespondentin und ARD-Studioleiterin in Moskau und Paris, als Verantwortliche für das Politmagazin Monitor und zuletzt als „Chefredakteurin Fernsehen“. Sonia Mikich wurde für ihre Berichterstattung aus Tschetschenien, Afghanistan und anderen Kriegs- und Krisengebieten sowie für ihre Arbeit in Moskau vielfach ausgezeichnet. Unter anderem erhielt sie 1998 das Bundesverdienstkreuz, 2001 den Deutschen Kritikerpreis und 2007 den Marler Medienpreis Menschenrechte. Sie lebt in zweiter Ehe mit ihrem Mann, einem Künstler, in Köln und Griechenland.
24. März 2022, Köln. Sonia Mikich wartet im großen Besprechungsraum ihres Verlags Kiepenheuer & Witsch, bei dem gerade ihr autobiografisches Buch „Aufs Ganze“ erschienen ist. Passend zum sonnigen Frühlingstag trägt sie eine alabasterfarbene Bluse. Ihre Hände zieren drei gewichtige Goldringe, die sie „Moskau“, „Monitor“ und „Liebe“ nennt. Wir blicken auf den Dom und den Hauptbahnhof, in den Fluren hängen Schwarz-Weiß-Bilder einiger Autorinnen und Autoren des Verlags. Auch Patti Smith ist dabei, die große Liedtexterin und Impulsgeberin des amerikanischen Punkrock – ein großes Vorbild von Mikich. Im Gespräch beschäftigen wir uns mit Punk und Aufklärung, mit den Öffentlich-Rechtlichen und den Folgen des Angriffs auf die Ukraine.
Sonia Mikich, wie ist Ihre Stimmung?
Ach, es ist eine „Nichts-passt-zueinander“-Stimmung. Einerseits diese permanente Reflexion über Russland, dazu Ad-hoc-Anrufe, Textnachrichten, zum Teil helfe ich ein paar Leuten, andere tröste ich. Da ist also dieses echte Leben. Alltag 2022, wir haben Krieg. Andererseits freue ich mich über mein neues Buch. Ich mag es, ich finde, es ist schön. Es in den Händen zu halten, hat etwas Schöpferisches.
Wie lief dieser Tag bislang?
Nicht außergewöhnlich. Gestern Abend war spannender, da habe ich einen sehr ernsten Film gesehen: „Schlafes Bruder“ von Joseph Vilsmaier.