
Sönke Wortmann
„Ich würde niemals eine Figur verraten.“
Zur Person
Sönke Wortmann (geboren am 25.08.1959 in Marl) versuchte sich nach dem Abitur drei Jahre lang an einer Karriere als Profi-Fußballer und wenige Wochen als Student der Soziologie, bevor er 1983 an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film begann, seiner wahren Berufung zu folgen. Nach einigen Jahren als Taxifahrer startete 1990 mit der Komödie „Eine Wahnsinnsehe“ seine Laufbahn als einer der populärsten und bedeutsamsten Regisseure hierzulande. „Das Wunder von Bern“ macht ihn 2003 zum Spielmacher des deutschen Fußballfilms. Mit „Die Päpstin“ (2009), „Schoßgebete“ (2013) und „Sommerfest“ (2017) brachte er Literatur von Donna Woolfolk Cross, Charlotte Roche und Frank Goosen auf die Leinwand. „Es gilt das gesprochene Wort“ ist sein erster Roman. Sönke Wortmann lebt nahe des Rheins in Düsseldorf-Kaiserswerth.
08. September 2021, Düsseldorf. „Gehen Sie ruhig noch eine Runde spazieren, wenn Sie mögen. Das dauert noch eine Weile. Ach nein, wir waren ja schon beim Du.“ Beim Gespräch mit dem Journalisten, der sich per Bildschirm nach Kaiserswerth geschaltet hat, vergisst Sönke Wortmann nicht das Wohl des Fotografen, der auf seinen Einsatz wartet, sobald das letzte Wort gesprochen und die Verbindung gekappt ist. Der Regisseur ikonischer deutscher Filme wie „Der bewegte Mann“, „Das Wunder von Bern“ oder „Der Vorname“ hat seinen ersten Roman geschrieben, Politdrama wie Liebesgeschichte, eine sensible Erforschung der Macht der Sprache und des Seelenlebens derer, die sie anwenden, die sich von ihr anwenden lassen und die sie weitgehend meiden.
Sönke Wortmann, da verfassen Sie als berühmter Filmemacher Ihren ersten Roman und die mit Abstand lächerlichste Figur darin ist ein Schriftsteller. Narzisstisch begleitet er die deutschen Delegationen ins Ausland, ohne Liebe zur Kunst, nur mit Liebe zu sich selbst, stets plappernd, niemals zuhörend. Woher die Lust, ausgerechnet einen Belletristen durch den Kakao zu ziehen?
Diese Einstiegsfrage irritiert mich ein wenig, da diese Figur, Carsten Pollerhoff, im gesamten Buch nur zweimal vorkommt.
Literarisch interessierten Menschen sticht sie aber ins Auge. Haben Sie Schriftsteller so kennengelernt?
Die Charaktere im Buch sind durchaus beeinflusst von Menschen, die ich kenne oder denen ich mal begegnet bin – diese Figur allerdings entspringt ausschließlich meiner Fantasie. Die Schriftsteller, die ich kenne, sind eigentlich nicht so. Ganz generell zeigen sich in der Kulturbranche allerdings schon massive Eitelkeiten. In meinem Hauptberuf als Regisseur für Film und Theater ist es ganz sicher so und das wird auch in der Literatur nicht anders sein. Ich wollte allerdings nicht mit Absicht den Schriftstellern eins auswischen. Die Figur wird auf diese Weise einfach nur interessanter.