
Peter Philipp Riedl
„In Muße kann alles geschehen, weil eben nichts geschehen muss.“
Zur Person
Peter Philipp Riedl (Jahrgang 1965) studierte Germanistik und Geschichte an der Uni Regensburg. Dort wurde er auch promoviert und habilitiert, seit 2008 arbeitet er an der Universität in Freiburg. Nach „jahrelanger beruflich schwieriger Existenz“ als wissenschaftlicher Mitarbeiter hat er in Freiburg im Breisgau seit 2016 eine feste Stelle als außerplanmäßiger Professor für Neuere Deutsche Literaturgeschichte. Wissenschaftlich arbeitet er dabei unter anderem im Sonderforschungsbereich zur Muße. 2017 brachte Peter Philipp Riedl gemeinsam mit seinem Kollegen Gregor Dobler bei Mohr Siebeck den Sammelband „Muße und Gesellschaft“ heraus.
18. März 2020, Freiburg. An der Albert-Ludwigs-Universität sind die Gänge wie leergefegt, Peter Philipp Riedl sitzt einsam in seinem Büro. Der 55-Jährige arbeitet am letzten Feinschliff seines neuen Sammelbandes zur „Urbanen Muße“, den er mitherausgibt. Seit mehr als sieben Jahren ist der Literaturprofessor Teil eines Sonderforschungsbereichs zum Thema – ohne selbst zum Müßiggänger zu werden. In einem zweistündigen Telefongespräch reden wir über Faulheit und die moderne Hektik, über die Bedeutung der Muße in dieser schnellen Zeit – und darüber, was der Sündenfall und die Antike mit der Muße (oder ihrer Abwesenheit) zu tun haben.
Herr Riedl, ist die Muße durch die Corona-Krise in Gefahr?
Die Pandemie überschattet gerade vieles, um nicht zu sagen alles. Ich sehe hier aber keinen direkten Zusammenhang mit Muße. Jetzt ist da diese Angst um andere und das Mitgefühl mit denen, die leiden oder gar sterben, die Sorge, was noch weiter passieren könnte. Das sind Momente, die sich mitten in unsere Existenz hineindrängen – und das hat mit Muße nichts zu tun. Ich finde es schwierig, angesichts der Pandemie und der Opfer, die sie fordert, nun über Muße zu sprechen. Aber wir sollten es dennoch versuchen.
Sie forschen seit vielen Jahren zu dem Thema. Sind Sie ein Müßiggänger?
Nein.