Mischa Kuball
„Das Thema Licht vereint uns alle.“
Zur Person
Mischa Kuball, Jahrgang 1959, bestückt als Konzeptkünstler mit dem Hauptmedium Licht seit 1977 den kulturinstitutionellen wie den öffentlichen Raum. Der protestantisch geprägte Rheinländer, der bis heute ein ebenso ambivalentes wie inniges Verhältnis zur Kirche sowie ihren sakralen Gebäuden pflegt, ist nach Stationen in Leipzig und Karlsruhe seit 2007 Professor für Medienkunst an der Kunsthochschule für Medien Köln. 2010 besuchte er mit dem Projekt „New Pott“ im Rahmen der „RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas“ hundert Zuwandererfamilien. Die Ergebnisse der zwischen vierzig Minuten und vier Stunden dauernden Gespräche flossen auch in die Forschung ein. 2015 nahm ihn die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste auf, 2016 erhielt er den Deutschen Lichtkunstpreis der Robert Simon Kunststiftung im Kunstmuseum Celle. Mischa Kuball lebt mit seiner Familie in Düsseldorf.
13. November 2023, Düsseldorf. Das Atelier des renommierten Konzeptkünstlers Mischa Kuball ist beruhigend unspektakulär und sachlich erleuchtet. Sein Bluetooth-Mikrofon sendet das Signal selbst dann zuverlässig in die Videokonferenz, als er noch schnell die Kaffeetasse holt. Zwischendrin gibt es einen Wechsel von Raum zu Raum und der Träger des Deutschen Lichtkunstpreises und Professor für public art und Medienkunst zeigt seine Bibliothek. Tausende angenehm unsortiert sortiert wirkende Bände warten in stabilen Stahlregalen auf die Lektüre. An einer Strebe hängen die Medaillen, die sich Kuball als Marathonläufer verdient hat. Jeden Morgen beginnt er mit einer Laufrunde, im Winter geht es im Dunkeln los und der Ankunft des Lichtes entgegen. Im Gespräch wirkt Kuball angenehm vertraut, man bekommt schnell das Gefühl, eine solche Runde jederzeit mitdrehen zu dürfen.
Mischa Kuball, die Adventszeit steht vor der Tür und damit die weihnachtliche Beleuchtung der Privathäuser. Spazieren Sie mit interessiertem Blick durch dieses Lichtermeer oder schütteln Sie bloß den Kopf wie über läppische Folklore?
Mit so einer Aussage würde ich auch die Folklore sehr stark unterschätzen. Ich glaube, dahinter steckt der tiefe Wunsch, die Lichtperiode an den kürzer werdenden Tagen zu verlängern. Mit der nahenden Adventszeit spüren die Menschen, wie sich ihr Biosystem verlangsamt, vor allem durch weniger Tageslicht. Dagegen ein Licht zu setzen, ist ganz natürlich. Das praktizieren sogar Menschen ohne christlichen Hintergrund. Ich persönlich werde immer wieder von den Nachbarn im Hinterhof angesprochen, wenn ich den klassischen großen gelben Stern von Hutschenreuther aufhänge. Er spendet dieses warme, weiche Licht und strahlt weit über den Hof hinaus, für rund hundertfünfzig Personen. Somit teile ich etwas eigentlich Individuelles, das ich aus emotionalen Gründen für meine Familie mache, mit einer Community. Vieles hängt ja in den Fenstern zur Straße raus und kann gelesen werden als „Ich habe ein Licht für dich“. Eine schöne gesellschaftliche Geste.
Manche verwandeln ihr Haus aber auch wie einst Chevy Chase in seiner legendären Weihnachtskomödie „Schöne Bescherung“ in eine gleißende Jahrmarktsattraktion.
In dem Fall funktioniert das nicht mehr als Form der Botschaft, dabei geht es eher um Überwältigung. Wer durch zahllose Lichter in allen möglichen Farben quasi ein Mapping an seinem Privathaus betreibt und das sicher nicht ironisch meint, teilt nicht, sondern bläht sein Ego auf und besetzt den öffentlichen Raum. Da fängt meine Kritik an und ich werde vom Lichteuphoriker zum Lichtskeptiker.