Lavinia Wilson

Lavinia Wilson

„Das Leben ist nicht ideal, das Leben ist Praxis.“

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  • Meike Kenn
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Zur Person

16. Januar 2022, Berlin. Mal eben die Welt retten? Das muss doch möglich sein. Lavinia Wilson glaubt daran, dass die Menschheit das Ruder noch herumreißen kann. Auf Apokalypse hat sie keine Lust. Während des Interviews sitzt die gefragte Schauspielerin auf ihrem Teppich im Wohnzimmer, ein Büro gibt es nicht. Sie hat gerade den Text für ein Casting am nächsten Tag gelernt, nach dem Gespräch wird sie sich mit Freunden zum Abendessen treffen. Kaum ist eine Frage gestellt, sprudeln die Antworten aus ihr heraus. Es falle ihr schwer, sich zu bändigen, sagt sie, sie sei „leider manchmal trampelig“. Auch wenn die Themen ernst sind – tote Tiere, blutige Jeans –, zeigt sich: Diese Frau ist unerschütterlich und kann auch über sich selbst lachen.

Lavinia Wilson, in Ihrem aktuellen Film liegt ein Pfau am Boden – totgeschossen. Haben Menschen das Recht, Tiere zu töten?

Nein, das haben sie nicht. Wenn wir von der Unantastbarkeit der Würde sprechen, dann muss das für alle Lebewesen gelten, nicht nur für uns Menschen. Wir, die wir im reichen Westen leben, wir können ja anders, wir haben die Wahl. Und das ist das Tolle, was das Menschsein ausmacht: die Wahl zu haben. Natürlich ist es ein hehres Ideal, wenn wir von einer Welt sprechen, in der wir alle vegan leben und in der alle übereingekommen sind: Wir töten keine Tiere, auch nicht für ein Fell oder sonstige Dinge. Aber dann gibt es die Realität, und in der sind Menschen fehlbar. Der kategorische Imperativ von Immanuel Kant ist eine schöne Idee, und es wäre toll, wenn wir uns alle daran halten würden. Aber Leben ist nicht ideal, Leben ist Praxis. Oder anders gesagt, in einer perfekten Welt bräuchten wir so etwas wie den kategorischen Imperativ nicht. Dann wären wir alle glücklich und erleuchtet und mit uns selbst im Reinen, es würde nie irgendetwas Böses passieren. Aber so ist es eben nicht. Meine Kollegin Annette Frier sagt immer, sie würde sich im zukunftsverträglichen Handeln nur eine Vier plus geben, aber sie probiert es trotzdem weiter. Das finde ich sehr sympathisch.

Gehören Sie zu den Menschen, die aus Liebe zum Tier auf Fleisch verzichten?

Ich esse ungern Tiere, ja, aber ich bin da nicht ganz konsequent. Mal mache ich es, meistens nicht. Mir geht es dabei weniger um die Moral oder die Liebe, sondern darum, dass es einfach keinen Sinn macht und unnötig ist. Oft höre ich dann, dass klimagerechtes Verhalten so lustfeindlich sei. Das verstehe ich nicht wirklich, ich kann doch auch als Vegetarierin fantastischen Sex haben.

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