Hans-Dietrich Genscher
„Ich bin der Geschichte immer näher gekommen.“
Zur Person
Hans-Dietrich Genscher - geboren am 21.03.1927 in Reideburg in Sachsen-Anhalt - wurde als 16-Jähriger noch vor dem Abitur in den Krieg eingezogen, diente als Luftwaffenhelferund geriet kurz in britische und amerikanische Kriegsgefangenschaft. 1946 begann er ein Jurastudium in Halle und Leipzig, zeitgleich trat er der Liberal Demokratischen Partei (LDP) bei. Im Winter erkrankte er an Tuberkulose und verbrachte viel Zeit in Sanatorien, bevor er 1952, halbwegs genesen, über West-Berlin in die BRD flüchtete und der FDP betrat. 1965 errang Genschersein erstes Bundestagsmandat,vier Jahre später wurde er unter Brandt in der sozial-liberalen Koalition Innenminister. Das Amt des Außenministers und Vizekanzlers bekleidete er von 1974 bis 1992, als er auf eigenen Wunsch zurücktrat. Genscher arbeitete ab 1999 wieder als Anwalt, gründete ein Consultingbüro und lebt mit seiner Frau Barbara bei Bonn.
15.01.2009, Bonn. Genschers Büro in Bad Godesberg liegt im Erdgeschoss eines Wohnhauses. In seinem Arbeitszimmer stehen tatsächlich einige „Genschman“-Figuren, die Bücherwand bestücken Jahresbände zum politischen Zeitgeschehen der Bundesrepublik. Bei der Fotosession ist der Über-80-Jährige noch ungeduldig und fordert: „Lassen Sie uns mit der Arbeit beginnen.“ Im Laufe des Gesprächs vergisst er die Zeit – und beschließt den Vormittag mit einigen Anekdoten aus seiner Zeit als Außenminister.
Herr Genscher, können Sie abschätzen, ob Sie in Ihrem Leben mehr Interviews gegeben oder öfter in Flugzeuge eingecheckt haben?
Hans-Dietrich Genscher: Den klassischen Check-in musste ich in meinen 23 Jahren als Minister nur selten über mich ergehen lassen, aber im Vergleich: mehr Interviews als Flugreisen. Und ich kann Ihnen ruhig sagen, dass ich von zehn Interviewanfragen maximal zwei positiv beantworte. Ich will mich einfach nicht verzetteln.
Dann dürfen wir uns also glücklich schätzen, heute – und nach zwei Jahren hartnäckiger Akquise – einen Termin ergattert zu haben.
(grinst) Das wollte ich damit ausdrücken, ja.