Garri Kasparow

Garri Kasparow

„Wenn wir nicht bald damit anfangen, wird kein Land mehr übrig sein, das man retten kann.“

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22.03.2007, Leipzig. Die Bodyguards sind schon da, doch Garri Kasparow kommt eine halbe Stunde zu spät. Er entschuldigt sich wortreich: „Ein Laster aus meiner Schach-Zeit: Spät ins Bett und morgens lange schlafen.“ Im Gespräch ist er jedoch hellwach und engagiert.

Herr Kasparow, seit dem Ende Ihrer sportlichen Karriere engagieren Sie sich in der Politik. Wenn Sie Ihren Wechsel vom Schach in die Politik mit der Perestroika in Russland Anfang der Neunziger vergleichen – was hatte für Sie persönlich die größeren Folgen?

Garri Kasparow: Mein Leben war von der politischen Wende eigentlich kaum betroffen. Ich habe seit Mitte der Achtziger genug Geld verdient und konnte mein Leben selbst in die Hand nehmen. Ich war nicht von den Sport-Ausschüssen abhängig und musste niemandem im Apparat Rechenschaft ablegen.

Inzwischen sind Sie das bekannteste Gesicht der russischen Opposition, allerdings vornehmlich im Ausland. In den russischen Medien werden Sie nahezu komplett ignoriert. Für die meisten Ihrer Landsleute sind Sie kein Politiker, sondern nur der frühere Schachweltmeister.

1968 protestierten sieben Menschen auf dem Roten Platz gegen den Einmarsch in der Tschechoslowakei, davon hat damals kein Mensch erfahren. Verglichen damit haben wir es heute gut. Sie können uns nicht komplett totschweigen, dazu sind die modernen Techniken wie das Internet zu weit verbreitet. Außerdem fällt immer mehr Menschen auf, dass die Lücke zwischen Putins Propaganda und dem wirklichen Leben größer wird. Sie hören im Fernsehen, dass die Wirtschaft boomt, doch ihre Taschen sind leer, ihre Häuser fallen zusammen, und die Preise in den Läden sind utopisch.

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