Franz Müntefering
„Verstecken gilt nicht.“
Zur Person
Franz Müntefering (geboren am 16.1.1940 in Arnsberg im Sauerland) wuchs in Sundern auf, besuchte die Volksschule, absolvierte eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Nach der Geburt seiner ersten Tochter trat er 1966 in die SPD ein, um vom Denken ins Handeln zu kommen. Er war im Stadtrat von Sundern, bevor er 1975 als Nachrücker in den Bundestag einzog. Anfang der 1990er-Jahre war er zunächst Minister in NRW, bevor Gerhard Schröder ihn 1998 als Verkehrs- und Bauminister in die Bundesregierung holte. In der GroKo von 2005 war er Arbeitsminister und Vizekanzler im ersten Kabinett Merkel. 2007 trat er zurück, um seine an Krebs erkrankte zweite Ehefrau zu pflegen. Er war zweimal Vorsitzender der SPD, nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag engagierte er sich als Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen. Er ist in dritter Ehe mit der Journalistin und SPDPolitikerin Michelle Schumann verheiratet. Franz Müntefering lebt in Berlin und Herne.
19. Januar 2024, Berlin. Der Weg zur Fotosession im Haus der Kulturen der Welt war beschwerlich, eine Demonstration gegen den Rechtsextremismus bremste das Vorankommen. Franz Müntefering findet das gut: Immer wieder appelliert er im Interview dafür, die Fahne der Demokratie hochzuhalten: »Mund auf und handeln!«, sagt der 84 Jahre alte ehemalige SPD-Vorsitzende und Vizekanzler in seinem typischen Münte-Sound. Die obligatorische Autorisierung seiner Zitate findet auf altmodischem Wege statt: Per Post geht ein Ausdruck in seine Berliner Wohnung, die Rückmeldung erfolgt via Telefon. Und das geht schnell: Keine 24 Stunden nach dem Versand ruft Müntefering bereits an und diktiert ohne Umschweife und mit der für ihn typischen Präzision seine wenigen Änderungswünsche.
Franz Müntefering, Sie haben sich im Sommer einer komplizierten Herzoperation unterziehen müssen. Woran erkennen Sie, dass es Ihnen sechs Monate später wieder besser geht?
Ich war nach dem Eingriff in der Reha, dort habe ich neu gelernt, spazieren zu gehen, die Treppe hinaufzulaufen, mit Menschen zu sprechen. Dass es mir wirklich besser geht, merkte ich erst, als ich wieder angefangen habe zu arbeiten.
Arbeit im Sinne von?
Nachdenken und schreiben. Termine wahrnehmen. Morgens wach werden, aufstehen und etwas zu tun haben. Das ist ganz wichtig. In den ersten sechs bis acht Wochen nach der Operation funktionierte noch nicht einmal das Aufstehen, ich hatte nach dem langen Herumliegen einfach nicht mehr die Muskeln dafür. Viele Menschen haben mir dabei geholfen, mein Leben zurückzuerlangen. Ihnen bin ich besonders dankbar.