
Andrej Hermlin
„Die Stillosigkeit des Sozialismus hatte viele Ursachen: schlechter Geschmack, Spießigkeit, Unvermögen und nicht vorhandene Ressourcen.“
Zur Person
Andrej Hermlin wurde 1965 in Berlin als Sohn des Dichters Stephan Hermlin geboren, seine Mutter Irina Belokonewa stammt aus Russland. Er wuchs zweisprachig auf und entdeckte früh seine Liebe zum Swing. 1986 begann er ein Musikstudium in Berlin, ein Jahr später 1987 hatte er den ersten Auftritt im Ostberliner „Klub der Bauarbeiterjugend“. Seine Swing Dance Band erweiterte er mit den Jahren zum Swing Dance Orchestra; Auslandsgastspiele führten u.a. mehrfach in die USA. Darüber hinaus war Hermlin an einigen Filmproduktionen (etwa „Talking Sides“ von István Szabó) beteiligt. Andrej Hermlin ist mit der Kenianerin Joyce Kaari verheiratet, mit der er zwei Kinder hat.
11.04.2007, Berlin. Früher ein beliebter Swingmusiker im Arbeiter- und Bauernstaat, jetzt Entwicklungshelfer und politischer Aktivist in einem Dorf in Kenia – der Lebensweg von Andrej Hermlin führt über selten begangene Pfade. Hermlins Haus in Pankow ist im Art Déco-Stil eingerichtet. Schon als Kind lebte er mit seinen Eltern dort. Im Gespräch zeigt sich der Musiker je nach Thema sinnierend, eindringlich oder auch schon mal aufbrausend.
Herr Hermlin, sind Sie ein altmodischer Mensch?
Andrej Hermlin: Warum?
Sie spielen Swingmusik aus den Dreißigern und kleiden sich auch entsprechend der Zeit. Außerdem machen Sie aus Ihren sehr linken politischen Ansichten keinen Hehl und engagieren sich noch dazu parteipolitisch.
In den Swing habe ich mich schon als kleiner Junge von drei oder vier Jahren verliebt. Mein Vater hatte nur wenige Jazz-Platten, denn im Wesentlichen wurde bei uns zu Hause Klassik gehört. Trotzdem hat mich der Swing infiziert. Warum, kann ich bis heute nicht erklären.