
Andreas Altmann
„Gehorchen ist die Ursünde.“
Zur Person
Es ist selten, dass ein Interviewpartner explizit darum bittet, seine biographischen Daten wegzulassen. Aber dieser Wunsch passt zu Andreas Altmann. Wenn man sein Buch liest, ergeben sich dennoch ein paar nennenswerte Eckdaten. Aufgewachsen ist der inzwischen erfolgreiche Buchautor in der bayerischen Provinz Altötting, ein Wallfahrtsort, der vermutlich so katholisch ist, wie er sich anhört. Sein Vater ist erfolgreicher Rosenkranzverkäufer und gleichzeitig ein brutaler Haustyrann. Seine Mutter hingegen „machtlos, gut und schwach“, so wie Altmann es sehr direkt in seinem autobiografischen Buch „Das Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend“ formuliert. Als Jugendlicher bricht Altmann aus, lässt Altötting zumindest räumlich hinter sich und wird Reisereporter. Mittlerweile zählt Altmann zu den aufregendsten und kantigsten Reportern und Autoren des Landes.
25.08.2014, Augsburg. Während des Gesprächs sitzt der Autor und Reiseschriftsteller Andreas Altmann irgendwo in Asien vor einem Telefon, wirkt unkonzentriert, ruhelos und so, als würde er nebenbei schon an seine nächsten Reisen denken. Von manchen Fragen ist er so genervt, dass er sie mit ein paar spärlichen Worten wegscheucht, andere fordern ihn regelrecht heraus. Er beantwortet sie mit dem für ihn typischen Ton: lässig und wütend.
Herr Altmann, Sie haben Ihre Mutter in ihrem Buch als „Lieb. Und schwach und mutlos“ und eher hoffend statt handelnd beschrieben. Das klingt ein bisschen traurig. Wie gelangt man da zu innerer Stärke?
Andreas Altmann: Wüsste ich eine kluge Antwort darauf, wäre ich Trilliardär: mit dem Verkauf des hilfreichen Serums. Angesichts soviel Mutloser auf Erden könnte ich an jedem Straßeneck einen Laden aufmachen. Nun, ganz ernst: Da ich es nicht weiß, wie man stark wird, vermute ich, dass sie genetischen Ursprungs ist. So wie einer mehr oder weniger Hirnschmalz mitbekommt, so bekommt der eine via Eizelle und Spermien eine bestimmte Portion Kraft mit. Sie ist kein Verdienst, sie wurde von den Eltern verschenkt. Klar, dann muss man sie trainieren. Wie Intelligenz so kann auch Charakterstärke vor die Hunde gehen. Hilfreich als Gegenmittel wären vielleicht Disziplin und sich öfters vom Zeitgeist fernhalten und – superwichtig! - Lebenszeit- und Hirnzellenvernichtungsmaschinerien wie Facebook, Twitter, Instagram und Konsorten links und rechts liegenlassen. Und, unglaublich hilfreich, ist auch meditieren, also sich konzentrieren lernen. Dabei würde man Ausdauer und Nein sagen lernen, das globale Geschwätz vermeiden und, das Wichtigste von allem, sich jeden Tag daran erinnern, wie verdammt kurz das Leben ist und mit wie viel Scheiße man sein bisschen Zeit verplempert.
Haben Sie sich vorgestellt, wie sie geworden wären, wenn Sie ein Leben wie Ihr Vater gelebt hätten, als Rosenkranzverkäufer im Wallfahrtsort Altötting?
Das ist eine sadistische Frage und ich antworte souverän: Nie! Dieser Beruf, wenn das ein Beruf ist, erschien mir von erster Stunde so abgründig dämlich, dass ein solches Gedankenspiel nie aufkam. Was kam: Der unbedingte Wille, nie so zu enden wie der Rosenkranztandler Franz Xaver Altmann.