Thomas Fischer
„Als Richter schadet es nicht, zu wissen, wie die Gosse aussieht.“
Zur Person
Thomas Fischer wurde am 29.04.1953 in Werdohl im Sauerland geboren. Er schmiss die Schule, versuchte sich als Musiker und machte dann doch das Abitur. Ab 1976 studierte er Germanistik, brach das Studium aber ab und schrieb sich nach drei Jahren in Gelegenheitsjobs 1980 für Jura ein. Seit 1994 ist Fischer Vorsitzender Richter am Landgericht Leipzig, seit 1998 Honorarprofessor an der Uni Würzburg, seit 2000 Richter am Bundesgerichtshof und seit 2013 Vorsitzender Richter des Zweiten Strafsenats. Fischer ist Mitglied bei Amnesty und Transparency International und schreibt eine wöchentliche Rechts-Kolumne („Fischer im Recht“) auf Zeit Online.
12.1.2015, Karlsruhe. In der stellenweise überraschend gemütlich wirkenden Stadt befindet sich ein Zentrum deutscher Staatsgewalt: der Bundesgerichtshof. Hier arbeitet Thomas Fischer, Vorsitzender Richter des zweiten Strafsenats. Sein Zimmer strahlt einen nüchternen Charme aus, die Jurisprudenz kommt manchmal sehr bescheiden daher. Als regelrechter Rockstar unter den deutschen Richtern gilt Fischer manchen Kollegen auch als Störenfried: Immer wieder kritisiert er öffentlich die Juristenzunft. Der ehemalige Musiker spricht über Recht und Gerechtigkeit, beklagt den juristischen Unsinn im Tatort und gibt Tipps für den Fall, dass man selbst einmal vor Gericht steht.
Herr Fischer, Sie bekleiden heute ein hohes juristisches Amt, haben aber keine klassische Juristenbiographie hinter sich. Was haben Sie alles in Ihrem Leben gemacht?
Thomas Fischer: Ich habe zunächst in der 11. Klasse das Gymnasium abgebrochen, weil ich ein berühmter Rockstar werden wollte. Ich habe mit anderen zusammen, ich sage mal, psychedelischen Rock gemacht. Wir wohnten in einer Musiker-Kommune zusammen und haben das eine Weile lang tapfer versucht, aber ohne Erfolg. Dann bin ich zur Schule zurück und habe schließlich das Abitur gemacht. Anschließend war ich für vier Monate bei der Bundeswehr.
Nach mehreren Anläufen haben Sie erfolgreich verweigert. Das war in den 70ern nicht banal, oder?
Nein, das war sogar recht schwierig. Ich bin zweimal nicht anerkannt worden und wurde 1975 eingezogen, als Panzerjäger in Oberhessen. Sagen wir es so: Die Bundeswehrzeit hat mein Leben nicht sehr bereichert. Nach vier Monaten habe ich erneut verweigert, dann war endlich Schluss damit. Nach weiteren 15 Monaten Ersatzdienst als Rettungssanitäter habe ich dann Germanistik studiert.