Oliver Polak

Oliver Polak

„Dieses Funktionierenmüssen in der Gesellschaft, die immer cool ist, immer geil: Das geht nicht mehr.”

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  • Daniel Josefson
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Zur Person

19.09.2014, Berlin. Café Einstein Unter den Linden. Der Comedian Oliver Polak betritt den Promi- und Politiker-Laden pünktlich um zehn in gewohntem Jogging-Outfit. Momentan ist er ein vielgefragter Mann. Sein Buch „Der jüdische Patient“, in dem er über seinen zweimonatigen Aufenthalt in der Psychiatrie wegen Depressionen schreibt, ist gerade erschienen. Es ist ein tolles Buch: persönlich, berührend und von einem ganz eigenen Humor getragen. Polak wirkt während des Gesprächs offen, gelöst und hakt immer wieder nach, wie bestimmte Stellen angekommen sind.

Herr Polak, wann hatten Sie zuletzt das Gefühl: Mich versteht hier wirklich keine Sau?

Oliver Polak: Die Frage könnte ich auf vielen Ebenen beantworten. Ich hatte schon vor meinem Krankenhausaufenthalt oft das Gefühl, dass es bergab geht. Dass ich mich immer schlechter fühle. Und das habe ich selbst nicht verstanden. Das Problem bei Depressionen ist ja, dass man nichts sieht. Wenn du gefragt wirst, wie es dir geht, und du antwortest: nicht so gut ehrlich gesagt, schrecken die Leute auch davor zurück. Vielleicht auch aus Angst, dass es sie selbst treffen könnte. Die sagen dann, ach komm, wir trinken einen, dann ist alles wieder gut. Was viele aber nicht verstehen: dass Depression eine Krankheit wie Krebs oder Aids ist, an der man im schlimmsten Fall auch sterben kann.

Haben Sie lange gezögert, in die Klinik zu gehen?

Dieses Gefühl, sich selbst nicht mehr richtig zu verstehen, zog sich über viele Monate. Du gerätst in einen Tunnel. Und keiner sagt: Das hört sich richtig übel an, du solltest unbedingt mal mit einem Arzt reden. Das gab es nicht wirklich. Ich habe mich mehr und mehr zurückgezogen und auch nur noch mit wenigen Leuten geredet. Ich fing dann an, dieses Antidepressivum Mirtazapin zu nehmen, das überhaupt nichts bewirkt hat, außer, dass ich extrem zugenommen habe. Und eines Morgens war der Punkt erreicht, wo ich dachte: okay, du kotzt jetzt seit fünf Tagen, das wird einfach zuviel. Das war der Moment, wo ich mich dagegen gestellt habe.

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