
Melika und Naika Foroutan
„Wir sind gerne Quote.“
Zur Person
Naika Foroutan wurde 1971 in Boppard am Rhein geboren, lebte dann elf Jahre in Teheran, bis sie den Iran 1983 zusammen mit ihrer Familie verließ und zurück nach Deutschland siedelte. An der Universität zu Köln hat sie Politikwissenschaft, Romanistik und Islamwissenschaft studiert und später in Göttingen über „Inter-zivilisatorische Kulturdialoge zwischen dem Westen und der islamischen Welt“ promoviert. Zwischen 2008 und 2013 hat sie das Forschungsprojekt HEYMAT geleitet – eine Abkürzung für „Hybride europäisch-muslimische Identitätsmodelle“. Von 2014 bis 2018 war Naika Foroutan stellvertretende Direktorin des Berliner Instituts für empirische Integrations- und Migrationsforschung. Seit 2017 leitet sie das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM). Sie ist verheiratet und hat drei Kinder.
Melika Foroutan wurde 1976 in Teheran geboren. Sie hat in Köln Philosophie, Englisch und Geschichte studiert, bevor sie von 1999 bis 2003 ihre Schauspielausbildung an der Universität der Künste in Berlin absolvierte. In der Spielzeit 2003/2004 war sie am Schauspiel Leipzig engagiert. Im Fernsehen wurde sie unter anderem als Kommissarin Sylvia Henke in der ausgezeichneten Krimiserie „KDD – Kriminaldauerdienst“ bekannt. 2008 spielte sie die Hauptrolle in der Frank-Schätzing-Verfilmung „Die dunkle Seite“, im selben Jahr war sie in Wim Wenders’ „Palermo Shooting“ auch im Kino zu sehen. Eine weitere TV-Rolle, für die sie viel Anerkennung bekam, war die der alkoholkranken, düster umflorten Ermittlerin Louise Boni. Foroutan ist verheiratet und hat zwei Kinder.
30. Oktober 2020, Berlin. Ein verregneter Vormittag im Stadtteil Wedding an der Grenze zu Berlin-Mitte. Gewöhnlich flanieren hier Touristen auf den Spuren des ehemaligen Verlaufs der Berliner Mauer, heute sind kaum Menschen unterwegs. Passend dazu ist das „Ost-West-Café“, das die Schwestern Melika und Naika Foroutan als Treffpunkt vorgeschlagen haben, schon kurz vor dem November-Lockdown überraschend geschlossen. Statt zwischen DDR-Exponaten findet das Gespräch mit der Schauspielerin Melika und der Politikwissenschaftlerin Naika Foroutan daher im nüchternen Ambiente der Kaffeebar gegenüber statt. Was einem lebendigen Austausch nicht im Weg steht. Man spürt die Vertrautheit zwischen den Schwestern, die einander stets aufmerksam zuhören, ebenso wie ein ehrliches Interesse an der Arbeit der jeweils anderen.
Haben Sie einen besonderen Bezug zum Ost-West-Café? Früher stand dort noch ein Trabbi vor der Tür…
NAIKA FOROUTAN: Das Café war eines der ersten, das hier auf dem ehemaligen Mauerstreifen eröffnet hat. Es versucht den Brückenbau zwischen den Bezirken, ist aber von der Mitte-Seite nie wirklich angenommen worden. Diese Straße bleibt einfach eine Grenzstraße zwischen dem Wedding und Alt-Mitte. Schon vor dem Mauerfall haben hier im Wedding, wie auch in Kreuzberg, vor allem migrantische Arbeiterinnen und Arbeiter gewohnt. Das hat sich auch nicht verändert, die sind immer noch da. Und sie haben bis heute wenig Berührung mit dem mittelschichts-bürgerlichen Publikum auf der anderen Seite in Mitte. Die Grenzlinie verläuft jetzt weniger zwischen Ost und West, sondern zwischen migrantisch und nicht-migrantisch, Schicht und Klasse.
Sind solche unsichtbaren Grenzen für Sie generell spürbar in der Stadt?
NAIKA FOROUTAN: Natürlich ist Berlin eine segregierte Stadt. Klar ist Zehlendorf ein reiches Viertel, klar sind Marzahn und Hellersdorf arme, abgehängte Bezirke. Die Viertel in Berlin sind wie eigene Städte und von den Sozialstrukturen her sehr unterschiedlich.