
Madita Oeming
„Ich möchte Menschen von ihrer Scham befreien – auch mich selbst.”
Zur Person
Madita Oeming, geboren 1986 in Bonn, leistet unter dem Credo »Wissen statt Scham« Aufklärungsarbeit zum Thema Porno. Die studierte Amerikanistin ist unabhängige Wissenschaftlerin und sieht sich als Brückenbauerin zwischen dem Fachgebiet Porn Studies und der breiten Öffentlichkeit. Mit ihrem zugänglichen, humorvollen und zugleich evidenzbasierten Ansatz hat sie sich als Porno- Expertin einen Namen gemacht. Oeming versteht sich als sexpositive Feministin und will ein differenziertes, informiertes Sprechen über Porno in den Medien etablieren. Sie vermittelt damit das, was sie im Diskurs so häufig vermisst: Porno- Kompetenz.
20. Juli 2023, Göttingen. Die Porno-Wissenschaftlerin Madita Oeming meldet sich leicht ermattet aus ihrem Arbeitszimmer: »Ich wollte das Interview aber wie geplant durchziehen.« Sie erhole sich gerade von einem Infekt, sei deswegen langsamer als sonst. Hätte sie es nicht gesagt, man hätte es nicht gemerkt. Madita Oeming ist bestens im Thema, kennt die Fakten, ist eine mitreißende Erzählerin. Sie spricht mit der entspannten Autorität einer Expertin, die das, was sie sagt, gründlich durchdacht hat – dazu mit dem Humor einer Autorin, die sich selbstbewusst an ein großes Publikum richtet.
Madita Oeming, fast alle gucken Pornos, aber kaum jemand spricht darüber. Warum nicht?
Die Nutzung von Pornos findet meistens allein, anonym und geheim statt. Das ist uns willkommen, weil die Schamgefühle bei Themen wie Pornos oder sexuellen Fantasien immer noch sehr hoch liegen. Und ich würde sagen: höher als beim Thema Sex an sich.
Woran liegt das?
Pornos sind Konfrontationen mit unseren unausgelebten Wünschen, mit unseren sexuellen Fantasien. Für diese schämen wir uns noch einmal ganz anders als für unsere gelebte Sexualität. Was daran liegt, dass uns Dinge erregen, die wir eigentlich gar nicht erleben möchten. Dinge, die uns erregen, eben weil sie mit unseren Werten nicht im Einklang sind. All das ist sehr verwirrend – wenn wir es nicht reflektieren. Und dann entsteht ein Teufelskreis: Es ist unangenehm, darüber zu sprechen, und weil ich mit niemandem darüber spreche, denke ich, ich bin mit dieser Erregung allein und komisch. Und dann möchte ich erst recht nicht darüber sprechen.