Lars von Trier

Lars von Trier

„Es wäre lächerlich, Frauen zu hassen.“

Autor/in
Fotos
  • Mathis Wienand
Kategorie
Leserbewertung

Zur Person

20.05.2009, Antibes, Südfrankreich. Der Ort für das Gespräch verkörpert reine Ironie: In seinem Film „Antichrist“ lässt Kult- und Skandalregisseur Lars von Trier ein Ehepaar in einem Waldhaus namens ‚Eden’ die Hölle erleben – das Interview gibt er in dem idyllischen Park des Sechssternehotels Eden Roc du Cap. Seinen Kampf gegen Depressionen machte er schon im Vorfeld publik, und auch während des Gesprächs wirkt der 53-Jährige angeschlagen – die ganze Zeit zittern seine Unterarme; seine Stimme klingt so dünn, als könnte sie jederzeit in ein Weinen umschlagen. Aber das tut sie nie. Immer wieder durchflicht der Filmemacher seine Antworten mit ironischen Bemerkungen, die er mit einem fast kindlichen Kichern unterstreicht.

Herr von Trier, bei der Premiere in Cannes sorgte Ihr Film „Antichrist“ mit seinen exzessiven Gewaltbildern für Aufruhr. Gibt es eigentlich Grenzen für das, was ein Regisseur zeigen darf?

Lars von Trier: Was du dir vorzustellen vermagst, egal welche Perversion oder Grausamkeit, das kannst du auch zeigen. Wenn wir Kultur und Medien Begrenzungen auferlegen würden, dann würden sie doch keinen Sinn mehr ergeben. Es existiert unendlich viel menschliches Leid, also sollest du es auch porträtieren. Es ist auch merkwürdig, dass diese Begrenzungen erst dann gefordert werden, wenn es um fiktive Inhalte geht. Für mich persönlich ist es nicht so, dass ich mir das bewusst aussuchen würde. Ich habe mir auch keine Folterfilme als Inspiration für „Antichrist“ angesehen. Die Bilder, die Sie in meinem Film finden, sind einfach zu mir gekommen. Ich habe sie nicht in Frage gestellt.

Dieser Film reflektiert ja auch Ihr eigenes Leiden, da er aus einer langen Depression heraus entstand. Ist ein solcher Film die geeignete Therapie?

Therapie ist nicht das richtige Wort dafür. Aber ich musste anfangen zu arbeiten, das war sehr hilfreich. Ich zwang mich regelrecht, jeden Tag aufzustehen und eine bestimmte Zahl von Drehbuchseiten zu schreiben. Aber abgesehen davon setze ich durchaus auf die Mittel der Medizin. Wegen meiner Phobien absolviere ich seit Jahren eine kognitive Verhaltenstherapie. Ich habe davon ja einiges in den Film einfließen lassen, wenn der Ehemann seine Frau nach dem Verlust ihres Kinds zu behandeln versucht.

Ab hier lesen nur GALORE-Abonnenten kostenlos weiter! Eines der vielen Abo-Extras.