Jörg Hartmann
„Im Ruhrgebiet hat man es nicht so mit Prinzen.“
Zur Person
Jörg Hartmann (geboren am 8.6.1969 in Hagen) wuchs am Rand des Ruhrgebiets in Herdecke auf. Um in die Fußstapfen seines Vaters Hubert Hartmann, einer Handball-Legende, zu treten, fehlte ihm das Talent. Er hatte dafür seine ersten Auftritte in der Theater-AG an der Realschule und später in der Laienspieltruppe Stiftsplatz-Theater. Nach dem Abitur studierte Jörg Hartmann in Stuttgart an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst. Nach Engagements am Staatstheater Meiningen und am Nationaltheater Mannheim gehörte er von 1999 bis 2009 fest zum Ensemble der Berliner Schaubühne, wo er seit 2016 als Gast wieder regelmäßig zu sehen ist. Seit 1999 arbeitet er auch für Fernsehen und Kino. Einem breiten Publikum wurde er als Stasi-Offizier Falk Kupfer in der Serie „Weissensee“ bekannt, außerdem durch Rollen im Mehrteiler „Die Wölfe“ und in der Serie „Homeland“. In „Bella Block“ spielte er erstmals einen Kommissar, seit 2012 ermittelt er in Dortmund als „Tatort“-Kommissar Peter Faber. Für sein eindringliches Spiel erhielt er unter anderem den Deutschen Fernsehpreis, die Goldene Kamera und den Grimme-Preis. Hartmann hat drei Kinder, lebt in Potsdam, interessiert sich für Architektur und neuerdings auch für Fußball.
26. Februar 2024, Potsdam. Er ist sich nicht sicher, ob er seinem Vater oft genug gesagt hat, dass er ihn liebt. Jetzt hat er es nachgeholt und ein Buch geschrieben. „Der Lärm des Lebens“ ist Jörg Hartmanns bodenständige Liebeserklärung an die Familie und das Ruhrgebiet. Es ist früh am Montagmorgen, im Café Heider wird tüchtig gefrühstückt. Niemand nimmt Notiz von dem unauffälligen Mann im grauen Parka. Ganz anders gestern Abend an der Berliner Schaubühne: Hartmann spielt „Professor Bernhardi“ in Arthur Schnitzlers erschütternd aktueller gleichnamiger Komödie über Antisemitismus, wird frenetisch gefeiert, sein Spiel ist eine stille Sensation. „Die Leute klatschten spontan, als wir ins Foyer kamen“, erzählt der Schauspieler. Während des Gesprächs zieht er den Parka abwechselnd an und aus, in der Beletage des Cafés ist nicht geheizt. Hartmann redet konzentriert mit angenehm sonorer Stimme. Wenn es ihm zu viel wird, sagt er: „Sie fragen Sachen“ – und antwortet trotzdem.
Jörg Hartmann, mit Erzählungen aus Ihrem Privatleben halten Sie sich zurück, in Ihrem Buch gewähren Sie nun einen Einblick in Ihre Familie. Wie war das Zuhause bei den Hartmanns in Herdecke?
Es war relativ einfach gestrickt, wir wohnten in einer 60-Quadratmeter-Wohnung mitten in der Herdecker Altstadt, meine Eltern, meine Schwester und ich. Meine Eltern zogen kurz vor meiner Geburt ein, meine Mutter lebt heute noch dort. Ich gehöre zur Babyboomer-Generation, das heißt, wir waren immer viele. Das war toll. Hinter dem Haus stand ein alter Obstgarten, der irgendwann einer Umgehungsstraße zum Opfer fiel. Nicht weit von uns ging es direkt in den Wald. Herdecke gehört zum Ruhrgebiet, aber anders als sich das wahrscheinlich die meisten vorstellen, ist es dort sehr grün.
Hatten Sie ein eigenes Kinderzimmer?
Nicht von Anfang an, erst mit sechs Jahren, als meine zwölf Jahre ältere Schwester auszog. Meine Eltern betrieben ein Jahr lang nebenbei eine Pommesbude, und von diesem hart verdienten Geld richteten sie mir mein Kinderzimmer ein. Mein erstes eigenes Zimmer, ein Traum in Quietschgrün: Schreibtisch, Schrank, Bett, alles war grün. Großartig. Und an der Wand hingen eine Karte vom Mond und die Weltkarte. Irgendwann hatte ich sogar eine eigene kleine Glotze.