Isabel Allende
„Ich will kein Mann sein, sondern so viel Frau wie möglich.“
Zur Person
Isabel Allende wird am 2. August 1942 in Lima, Peru geboren. Die Tochter eines chilenischen Diplomaten macht eine Ausbildung zur Journalistin und arbeitet für verschiedene Zeitschriften und Fernsehprogramme. Im Zuge des Pinochet-Putsches flieht sie Mitte der Siebziger ins venezolanische Exil, wo sie 13 Jahre lebt. 1982 erscheint ihr Debütroman „Das Geisterhaus“, der sich zu einer literarischen Sensation entwickelt und sie weltweit als Bestseller-Autorin etabliert. Allendes Bücher verkaufen sich über 50 Millionen Mal und werden in 27 Sprachen übersetzt, sie gilt als meistgelesene spanischsprachige Schriftstellerin der Welt. Seit 1989 lebt sie in Kalifornien, seit 1993 besitzt sie auch die US-Staatsbürgerschaft. Ihre 1996 gegründete „Paula-Foundation“ ist nach ihrer früh verstorbenen Tochter benannt.
12. April 2024, San Rafael. Die inzwischen 81-jährige Isabel Allende ist nach wie vor eine Erscheinung. In Frühlingsfarben gehüllt und von Sonnenstrahlen beschienen sitzt sie in ihrem Arbeitszimmer in Kalifornien. Aus ihren Augen blitzt unbesiegte Lebenslust, mit ihren Händen gestikuliert sie, als würde sie eine unsichtbare Schreibmaschine bedienen. „Der Wind kennt meinen Namen“ ist der 23. Roman der chilenischen Schriftstellerin, die trotz ihres hohen Alters keinerlei Ermüdungserscheinungen aufweist – erst recht nicht, wenn es um den Kampf für soziale Gerechtigkeit geht. Schnell öffnet sie noch die Tür zum Garten, um ihre beiden Hunde rauszulassen, dann ist sie voll bei der Sache.
Isabel Allende, was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als Henry Kissinger vor ein paar Monaten gestorben ist?
Mein erster Gedanke war: Schlechte Menschen haben ein langes Leben. Und sie sterben in ihren eigenen Betten, ohne sich jemals den Konsequenzen ihres Handelns stellen zu müssen. Das ist auch anderen passiert, Pinochet zum Beispiel. Kissinger ist als Respektsperson gestorben, dabei war er für viele Menschen – beispielsweise in Chile – verantwortlich für den Aufbau einer Diktatur. Und ganz allgemein für eine Außenpolitik, die schädlich für demokratische Gesellschaften überall auf der Welt war.
Und die sich gerne im Geheimen abspielte. Über das Massaker von El Mozote, das Sie in Ihrem neuen Roman thematisieren, weiß hierzulande fast niemand etwas.
Was ganz einfach daran liegt, dass alle Informationen darüber jahrzehntelang unterdrückt worden sind. Selbst als es im US-Kongress bekannt wurde, wurde das Massaker vertuscht. Es hat in El Salvador fast zehn Jahre gedauert, bis dieses Verbrechen ans Licht kam, aber in den USA, wo die Drahtzieher saßen, hat bis heute kaum jemand von El Mozote gehört. Auf Lesereisen frage ich mein Publikum manchmal, wie viele vom Kindertransport 1938 wissen, und normalerweise zeigt dann ungefähr die Hälfte auf. Bei El Mozote sieht das völlig anders aus, und das ist 1981 praktisch nebenan passiert.