Harald Welzer

Harald Welzer

„Die Katastrophe ist die große Gleichmacherin.“

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Zur Person

23. Januar 2019, Berlin. Noch 24 Stunden vor dem Gespräch war der Sozialforscher und Publizist Harald Welzer im Atlantik schwimmen. Jetzt ist er braungebrannt und aufgeräumt im klirrenden Berliner Winter zurück. In den Räumen seiner Denkschmiede „Futurzwei“ im Stadtteil Moabit erläutert er ohne Zeitdruck, warum wir Menschen die Katastrophe lieben, uns dennoch nach Utopien sehnen, diese aber nur noch einseitig bedient werden. Sein Credo: Die Welt lässt sich verändern, dafür benötigt es nur einen Pfadwechsel. Freundliche Mitarbeiter bieten zwischendrin gesunde Getränke an. „Reine Konsumkultur hier“, scherzt Welzer. „Dauernd kriegt man Angebote!“

Herr Welzer, was schätzen Sie, wenn ich fünf Bekannten eröffnen würde, dass ich die Welt verbessern möchte, wie viele würden mir den Vogel zeigen?

Fünf.

Wäre auch mein Tipp. Aber wieso eigentlich?

Weil „Weltverbesserer“ als Schimpfwort gilt, ähnlich wie „Gutmensch“. Leute, die guten Willens und bereit sind, etwas zu tun, müssen sich ständig dafür rechtfertigen. Sie stehen automatisch unter Legitimationsdruck. Wenn Sie jetzt also verkünden würden: Hey, ich will die Welt verbessern, wer macht mit? Dann entgegnet jeder: „Du hast doch nicht alle Tassen im Schrank.“ Die Welt zu verbessern oder ein guter Mensch zu sein – das hat beides einen schlechten Ruf. Was wiederum ein schlechtes Licht auf die gegenwärtige Gesellschaft wirft.

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