
Harald Braem
„Wer grau trägt, ist unberechenbar.“
Zur Person
Harald Braem wurde am 23.07.1944 in Berlin geboren. Nach dem Studium schlug er eine erfolgreiche Laufbahn als Grafiker, Texter und später Creative Director einer renommierten Werbeagentur ein, bevor ihn sein angeschlagener Gesundheitszustand zum Umsatteln bewog. Braem ging abermals an die Uni und wurde 1981 ordentlicher Professor für Kommunikation und Design an der FH Wiesbaden – mit Forschungsschwerpunkt Farbpsychologie. Im Erdgeschoss seines Privathauses in Bettendorf betreibt Braem, mittlerweile emeritiert, ein Institut für interdisziplinäre Kulturforschung inklusive eines ethno-archäologischen Museums. Harald Braem ist zum zweiten Mal verheiratet und hat drei Kinder.
03.07.2006, Bettendorf. Farbpsychologe Harald Braem hat sich im ‚Blauen Land’ zwischen Mosel und Rhein sein eigenes kleines Paradies geschaffen. Bei Kaffee, Kuchen und zahllosen Zigaretten erläutert der Ex-Werber, der unter anderem die lila Milka-Kuh erfunden hat, was die Farben der Kleidung über den Träger aussagen.
Herr Braem, wir sitzen hier in Ihrem nach eigenen Forschungsergebnissen farblich gestalteten Wohnzimmer. Würden Sie mir bitte erläutern, warum es hier aussieht, wie es aussieht?
Harald Braem: Das Ganze lebt farblich und formal von seinem mediterranen Flair. Sowohl das mediterrane Klima als auch das entsprechende Ambiente tun uns gut. Sie haben hier ein gelbliches Orange, ein gebrochenes, abgetöntes Weiß und schließlich ein Rotbraun, das spontan an den Ayers Rock in Australien erinnert. Wichtig ist, dass trotz aller Vielfalt die Farbharmonie erhalten bleibt, wir also innerhalb eines Raumes keinen allzu großen Kontrasten ausgesetzt sind.
Fühlt man sich denn tatsächlich unterschiedlich – je nachdem, ob man vor der braunen oder der gelblichen Wand steht?
Aber selbstverständlich. Ich kenne einen Winzer hier im Rheingau, bei dessen Weinproben die Leute meist erst einmal entsetzt reagieren, denn der Raum ist komplett weiß gekalkt. Es gibt weder Essen noch andere Ablenkung. Nach der ersten Probe schaltet der Winzer ein Simulationsfeld an und verändert die Stimmung des gesamten Raumes in den Rot-Bereich hinein – und plötzlich schmeckt auch der Wein völlig anders. Fruchtiger, fast wie ein Rosé. Danach, bei Blau, erinnert er hingegen an einen trockenen Kerner, und die Teilnehmer fangen an zu verzweifeln.