Hans Zollner
„Dass wir aus der Vergangenheit nichts lernen, das sehe ich nicht ein.“
Zur Person
Hans Zollner (geboren am 19.11 1966 in Regenburg) ist Ordenspriester, Theologe, Psychologieprofessor und Psychotherapeut. Er leitet das römische „Centre for Child Protection“ (CCP). Pater Zollner war von 2010 - 2019 auch Vizerektor der Päpstlichen Universität Gregoriana und ist Mitglied der 2014 eingerichteten Päpstlichen Kommission für den Schutz von Minderjährigen. Er gilt als einer der führenden kirchlichen Fachleute auf dem Gebiet der Prävention von sexuellem Missbrauch in der römisch-katholischen Kirche. Zollner formuliert den Kinderschutz als ein Werk der Barmherzigkeit, „weil Jesus von den Kindern sagt, dass ihnen das Reich Gottes gehört, und dass es für jeden, der sie zum Bösen verführt, besser ist, mit einem Mühlstein ins Meer geworfen zu werden“. Am 1. April 2017 berief ihn Papst Franziskus zum Konsultor der Kongregation für den Klerus.
Centre for Child Protection
Hauptanliegen des Centre for Child Protection (CCP) der Päpstlichen Universität Gregoriana (PUG) ist das Erarbeiten und Bereitstellen von Bildungsressourcen für Personen, die im Bereich der Missbrauchsprävention und des Schutzes von Minderjährigen arbeiten. Gegründet wurde es Anfang 2012 von der PUG in Rom, der Erzdiözese München und Freising sowie der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm.
6. Juni 2019, Münster. Hans Zollner ist Professor, Doktor, Theologe, Psychologe und Pater. Wie man ihn am liebsten ansprechen solle? Niemand nenne ihn Herr Professor, Pater Hans Zollner sei vollkommen in Ordnung. Treffpunkt ist eine katholische Bildungsstätte, wir sind pünktlich am Empfang, wo man uns sagt, der Interviewpartner habe schon nach uns gefragt. Der Jesuit ist Anfang 50, wirkt souverän und offen, besitzt aber auch einen analytischen Blick, den man am ehesten von Top-Managern aus der Wirtschaft kennt. Einen weiteren Titel besitzt Pater Zoller noch: „Gesandter des Papstes“. Papst Franziskus berief ihn 2017, als diverse Missbrauchsfälle von katholischen Priestern für weltweite Bestürzung gesorgt hatten. Seine Aufgabe: Aufklärung und Prävention.
Pater Zollner, wie würden Sie sich eigentlich selbst vorstellen?
Ich bin Jesuit und Priester, dazu Psychologieprofessor in Rom und Präsident des Kinderschutzzentrums der Universität, an der ich arbeite. Ich versuche, weltweit eine Botschaft zu vermitteln, die da heißt: Alle Menschen müssen Kinder schützen – und speziell diejenigen, die sich Christen nennen.
Wie kamen Sie als Priester zum Kinderschutz?
Während meiner Ausbildung am Institut für Psychologie lernten wir sehr viel über Pathologie und Psychopathologie. In einer Vorlesung 1996 ging es dann um Pädophilie, in den deutschsprachigen Ländern war das damals eigentlich nur für Spezialisten ein Thema. Auch ich habe mich zunächst nicht sonderlich dafür interessiert. Acht Jahre später haben wir dann in Rom Monsignore Rosetti eingeladen, Direktor einer Spezialklinik in den USA, der mit uns zwei Tage lang einen Workshop durchgeführt hat. Das war eineinhalb Jahre nachdem die Fälle von katholischen Priestern in Boston aufgedeckt worden waren. Von dem Moment an war das Thema bei mir deutlich präsenter. Ich habe dann begonnen, intensiver zu verfolgen, wie insbesondere die deutschsprachigen Medien über Fälle, die bekannt wurden, berichtet haben.