Götz Alsmann
„Ein schönes Talent macht noch keine schöne Seele.“
Zur Person
Götz Alsmann, geboren 1957 in Münster, verdiente schon mit 17 Jahren seine ersten Honorare als Pianist, Mandolinist und Banjospieler auf den Alben der Heupferd Jug Band sowie als Studiomusiker in den Niederlanden. 1980 gründete er Götz Alsmann & The Sentimental Pounders, die mit ihrer Version von Depeche Modes „People Are People“ internationalen Erfolg feierten. Aus dieser Formation entwickelte sich später die Götz Alsmann Band, mit der er seit 1994 regelmäßig Alben veröffentlicht, darunter auch auf dem renommierten Jazz-Label Blue Note. Von 1996 bis 2016 lud er gemeinsam mit Christine Westermann Gäste in die erfolgreiche TV-WG von „Zimmer frei!“. Er moderiert TV-Galas und teilt seine Musikleidenschaft seit 1985 regelmäßig in Radiosendungen des WDR mit seinen Hörerinnen und Hörern. Als promovierter Musikwissenschaftler ist er seit 2011 Honorarprofessor an der Musikhochschule Münster. Im April erhielt er das Bundesverdienstkreuz.
24. April 2024, Münster. Götz Alsmann begrüßt die Pächterin der Cafeteria des WDR-Landesstudios mit einer langen, herzlichen Umarmung. Er ist Stammgast, da er hier regelmäßig seine Radiosendungen aufzeichnet. In rund sechs Kilometern Luftlinie freut sich das Preußenstadion auf den zu dieser Zeit möglichen Aufstieg des SC Preußen in die zweite Liga. Bald nimmt Alsmann in der Stadthalle Hiltrup mit großem Besteck eine neue Hymne für seinen Herzensverein auf, dessen Spielen der Münsteraner so oft wie möglich beiwohnt. Bei „aromatischen Aufgussgetränken“, die er lachend spendiert, sprechen wir über musikalische Gattungsbegriffe, moralische Moden und die Voraussetzungen für ein rundum gelingendes Leben.
Götz Alsmann, wir treffen uns um halb elf am Vormittag. Wann ist der Kopf hinter dem neuen Album „…bei Nacht…“ heute aufgestanden, und wie begann er den Tag?
Ich stehe meist gemeinsam mit meiner Frau gegen acht auf – in dem Bewusstsein, dass das eine Uhrzeit ist, zu der sehr, sehr viele Menschen schon seit Stunden arbeiten. Nach einem meist nicht zu ausufernden Frühstück mache ich mich zurecht für den Tag, der davon bestimmt wird, was ich im Kalender stehen habe. Wenn gar nichts drinsteht, dann sitze ich zu Hause und bastele an meinen Sendungen, schreibe meine Noten, versuche, den kleinen heimischen Bürobetrieb am Laufen zu halten oder kümmere mich um private Dinge. Letzteres eigentlich viel zu wenig. Gerade sitze ich am Arrangement der neuen Hymne für unseren ruhmreichen SC Preußen Münster. Während des halben Jahres davor war ich mit dem Erstellen der Arrangements für das aktuelle Album beschäftigt, den Proben, den Aufnahmen und der Vorbereitung des Bühnenprogramms. Wenn man bedenkt, dass wir jetzt schon wieder April haben, dann staune ich doch über die Zeit.
Nehmen Sie die vier Jahre seit April 2020 auch als sogenannte Pandemic Gap wahr, also als eine Zeit, die gefühlt bedeutend schneller zerronnen ist als üblich?
Ja! Ich erinnere mich noch ganz genau, wie wir im März 2020 beschlossen haben, erst mal die Konzerte bis Mai abzusagen. Es hieß damals: „Mai? Wie sollen wir das durchhalten?“ Im Mai haben wir mit einem weiteren Federstrich die Konzerte bis August abgesagt und dann die für das Restjahr bis auf fünf lächerlich kleine Events in lächerlich großen Hallen. Ich denke, es liegt im Naturell des Menschen, dass ihm die langen negativen Phasen in der Rückschau eher kurz vorkommen. Preußen Münster zum Beispiel war drei Jahre lang in der vierten Liga versandet. Tolle, spannende Spiele, aber eben auch eine Demütigung für viele. Als die drei Jahre rum waren und der Verein endlich wieder in die dritte Liga aufstieg, hatte ich das Gefühl, dass diese Zeit eigentlich halb so schlimm und schnell vorbei gewesen ist, auch wenn mich einige Hardcore-Fans dafür schräg angucken würden.