Farin Urlaub
„Ich jongliere mit Worten. Das ist mein persönlicher Erziehungsauftrag.“
Zur Person
Der am 27.10.1963 in Berlin geborene Jan Vetter wuchs in Moabit und Frohnau auf. Seine Eltern trennten sich früh, aus der zweiten Ehe seiner Mutter stammt Halbschwester Julia. Kurz nach dem Abitur Anfang der 80er gründete Vetter mit Dirk Felsenheimer (alias Bela B.) die Deutsch-Punkrockband Die Ärzte und gab sich aufgrund seiner Reiseleidenschaft das Pseudonym Farin Urlaub. Die Ärzte lösten sich 1988 auf, starteten aber 1993 ein furioses Comeback. Seit 2001 ist Vetter auch als Solokünstler aktiv. Der Sänger, Gitarrist und Produzent hat sich in seinem Haus in Norddeutschland ein eigenes Tonstudio eingerichtet.
25.02.2005 in der Au Quai Bar, Hamburg. Ein ganz normaler Freitag im Leben des Farin Urlaub: zwei lange Interviews und zwei Fotosessions an zwei verschiedenen Orten. Um 18 Uhr ist Schluss: „War’s das? Sorry, ich muss nämlich nach Hause, der Hund wartet.“
Herr Urlaub, ein befreundeter Englischlehrer bat mich im Vorfeld dieses Interviews, ihm ein Autogramm mit Widmung mitzubringen, um einen begabten, aber faulen Schüler zu motivieren. Was werden Sie gleich schreiben?
Farin Urlaub: Wahrscheinlich eher etwas Lustiges, Sinnentleertes wie ‚hold through’. (überlegt) Ich finde es sehr schön, dass ich zur Schülermotivation herhalten darf. Das macht mich stolz und glücklich.
Weil das in den Achtzigern, als Sie anfingen, mit Ihrer Band Die Ärzte Musik zu machen und sogar als jugendgefährdend eingestuft wurden, undenkbar gewesen wäre?
Nun, die Menschen, die mit den Ärzten sozialisiert wurden, können mittlerweile vom Alter her ja selbst Lehrer sein. In manchem Deutschunterricht sind wir sogar ziemlich angesagt, habe ich gehört. Ich bekomme viele Mails von Deutschlehrerinnen und Deutschlehrern, die mir schreiben, dass sie gute Fortschritte machen, wenn sie Textbeispiele von uns benutzen. (schmunzelt) Ich versuche sogar bewusst, nicht zu leichte Texte zu schreiben. Es gibt Leute – nicht nur Lehrer, sondern Fans – die mir geschrieben haben, dass sie durch Ärzte-Texte eine Liebe zur deutschen Sprache entdeckt haben. Nicht im patriotischen oder gar rechtsradikalen Sinne, sie haben vielmehr eine intellektuelle Herausforderung darin entdeckt, mit Worten zu spielen. Für mich ist es ein Zeichen von Intelligenz, wenn man das macht. Ich jongliere mit Worten. Das ist mein persönlicher Erziehungsauftrag.