Alexander Kluge
„Poetik hat nichts mit Urteilskraft zu tun, sondern mit Findekraft.“
Zur Person
Alexander Kluge (geboren am 14. 02.1932 in Halberstadt) war erstes Kind einer Arztfamilie. 1937 kam seine Schwester Alexandra auf die Welt, die für ihn eine wichtige Person wurde und in vielen seiner Filme mitwirkte. Einschneidend war die Trennung seiner Eltern 1942 und der amerikanische Bombenangriff auf seine Heimatstadt im April 1945. Sein Vater starb 1979, Kluge war zu dem Zeitpunkt längst ein bekannter Filmemacher des deutschen Autorenfilms und Schriftsteller, der sich mit dem Stalingrad-Roman „Schlachtbeschreibung“ von 1964 einen Namen gemacht hatte. Als Jurist war er Ende der 50er-Jahren Referendar an Adornos Institut für Sozialforschung in Frankfurt. Aus dieser Zeit rührt seine Freundschaft mit dem Philosophen Jürgen Habermas. 1987 gelang es ihm, mit seiner Gesellschaft dctp die Lizenz für Kultursendungen der wichtigsten privaten Fernsehsender zu erhalten. Kluge hat zwei erwachsene Kinder und lebt mit seiner Frau in München.
07. Mai 2020, München. Alexander Kluge schläft und arbeitet, lebt und empfängt in einer geräumigen Altbauwohnung. Ein Flügel der Tür zum Treppenhaus mit knarzigen Holzstiegen ist lückenweit geöffnet. Niemand wartet an der Schwelle, der Besucher muss den Übergang in die große Diele selbst bewerkstelligen. Kluge hält noch in den Tiefen seines Geschäftszimmers stehend sein Smartphone ans rechte Ohr, bedeutet, dass es nur noch einen Moment dauere. Es ist sein Herrschaftsgebiet. Bücher liegen tausendfach bereit, stapeln sich auf Tischen, stecken halb in Regalen, liegen aufgeschlagen im Bad. Wir begrüßen uns mit einem Touché unserer Ellenbogen. Nach einer knappen halben Stunde holt Kluge sein Smartphone und fragt, ob er das Gespräch auch aufnehmen darf: „Nur fürs Archiv: falls wir auf was Gründliches kommen.“
Herr Kluge, Sie benötigen viel Schlaf. Sieben bis acht Stunden ...
... neun bis zehn Stunden.
Was haben Sie geträumt in der vergangenen Nacht?
Ich träume nicht viel. Ich kann es nicht wiedergeben. Adorno hatte die Gewohnheit, seine Träume aufzuschreiben und vorzulesen. Das ist öde. Man kann sie gar nicht wiedergeben. Das ist ein zweites Leben, diese Träume.