DVD & Blu-ray

Neuerscheinungen der Woche

Jonathan

Farbfilm, 21.04.2017

Jannis Niewöhner ist einer jener deutschen Jungschauspieler, die man gerne mit dem schwammigen Begriff „shooting star“ besetzt, um sie in Blockbusterfilmen für eine junge Zielgruppe zu verheizen. Dass der 25-Jährige viel mehr kann als gut auszusehen und in Form von Gideon de Villiers durch „Liebe geht durch alle Zeiten“ zu turnen, beweist er ausgerechnet in einem Familiendrama, in dem er als Halbwaise seinen todkranken Vater und dessen Bauernhof im Schwarzwald halbwegs am Leben hält. „Jonathan“ ist im spröden deutschen Filmkunsteinerlei eine kleine Offenbarung. Schon aufgrund des mit Schicksalsschlägen nur fast überfrachteten Drehbuchs, schon wegen des verletzenden und verletzlichen Jannis Niewöhner, vor allem aber aufgrund der Bilder. Piotr J. Lewandowskis Debüt ist ein Filmwerk, das die ganze „Coming of Age“-Tragödie aussehen lässt als sei sie nicht für den Bücherschrank, sondern für das Lichtspielhaus gemacht. Ein Fest gegen die visuelle Einfallslosigkeit deutscher Betroffenheitsfilme.
Jörg Gerle


Gleissendes Glück

Wildbunch, 21.04.2017

Die Fragestellung könnte grundlegender nicht sein: Was ist Glück und wie erlangt es der Einzelne? Öffentlich-Rechtliche Schmonzetten zur Hauptsendezeit beantworten diese Fragen in schwelgerischen Bildern, ganz anders als dieses intensiv reduzierte Drama von Regisseur Sven Taddicken nach dem Roman der Britin Alison Louise Kennedy. Nicht nur, dass Helene Brindel (Martina Gedeck) in ihrer Ehe angesichts ihres unkontrollierbaren Mannes nicht mehr ein und aus weiß, auch ihr Glaube hilft nicht mehr weiter. Sie stößt auf den Ratgeberautoren Eduard E. Gluck (Ulrich Tukur) und erhofft sich in ihm ihren Erlöser. Allerdings muss sie nach einem persönlichen Treffen einsehen, dass Gluck seine eigenen Abgründe hat, die er nur Stück für Stück preisgibt. Die Würze des Films liegt darin, wie die Figuren sich aneinander abarbeiten. Beide in sich zurückgezogen, mit sich selbst hadernd und emotional deformiert. Dafür braucht man zwei Hauptdarsteller in Höchstform. Mit Gedeck und Tukur hat man sie vor Augen. Jonas Grabosch


Nocturnal Animals

Universal, 27.04.2017

Tom Fords „Nocturnal Animals“ gehört zu den modernen Kunst-Thrillern, die auf eine gelackte Ästhetik und ominöse Stimmung setzen, um dahinter allerhand Hässlichkeiten zu verstecken. Statt vieler Worte gibt es prägnante Bilder, um das Unterbewusstsein zu schocken. Hier sind es zwei obszön drapierte nackte Leichen, die unangenehme Fragen aufwerfen. Beispielsweise diese: Ist das brutale Skript, das ein Drehbuchautor seiner Exfrau zukommen lässt, eine garstige Retourkutsche, ein gnadenlos durchgespielter Film im Film oder letztlich wahrhaftiger als die eh schon löchrige Realität, in der sie lebt? Jake Gyllenhaal spielt die beiden männliche Hauptrollen, Amy Adams und Isla Fisher teilen sich die weibliche, doch alle Zügel enden in der Hand des Regisseurs. Ford ist bisher vor allem als Modedesigner in Erscheinung getreten, und wenn der ähnlich gelagerte „Neon Demon“ ein Indiz ist, lernt man in dieser Branche vor allem raffinierte Misanthropie. Ein Maßanzug, der David Lynch auch passen würde. Markus Hockenbrink