Literatur

Peter Stamm • Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt

Argon • 22. Februar

Ein Mann trifft eine jüngere Frau, die seiner verflossenen Liebe nicht nur gleicht, sie scheinen eins zu sein. Sie begegnet ihm als Version seiner selbst, die sein Leben als Student lebt. Er beobachtet sich, weiß um seine Zukunft, ist sich gleichzeitig vertraut, aber auch fremd. Er findet sich ständig in den eigenen Erinnerungen wieder, ohne die Geschichte verändern zu können. Unaufdringlich entwickelt Peter Stamm eine Liebes- und Lebensgeschichte, die die großen existenziellen Fragen stellt: Wer bin ich und wer sind die anderen, sind wir frei in unseren Entscheidungen oder an unser Schicksal gebunden? Immer wieder entstehen atmosphärische Zusammenkünfte, in denen das Eigene und das Fremde miteinander verschmelzen und die Protagonisten auf sich selbst zurückgeworfen werden. Auch diesmal findet sich in der Erzählung des gebürtigen Schweizers etwas Wehmut und unbändiges Interesse an zwischenmenschlichen Beziehungen. Die von Christian Brückner gelesene Geschichte entwickelt eine Art fantasievolle Alltagspoetik, der seine einzigartige Stimme zusätzliche Reife verleiht.

Jonas Grabosch

Jan Weiler • Eingeschlossene Gesellschaft

der Hörverlag • 22. Januar

Ein modern inszeniertes Kammerspiel mit sechs Lehrern und einem bewaffneten Vater beschert uns Jan Weiler mit seinem neuen Hörspiel „Eingeschlossene Gesellschaft“. Was als langweiliger Freitagnachmittag im Lehrerzimmer beginnt, endet in einem hitzigen Schlagabtausch, in dem nach und nach die einzelnen Verfehlungen der verschiedenen Protagonisten aufgedeckt werden. Am Ende steht die Frage, ob, wer selbst die Nadel seines moralischen Kompass verbogen hat, über andere richten darf? Schließlich geht es ums Ganze: Florians Abiturzulassung, die sein Vater, wenn nötig mit Gewalt, erzwingen will. Der vermeintlich existenziellen Situation lässt Weiler verspielte Dramatik angedeihen, die die Figuren immer wieder auf Glatteis führt und ihre doch allzu menschlichen Seiten hervorkehrt. Zahmer als Sartres „Geschlossene Gesellschaft“ kommen die wortgewandten Offenbarungen daher, dafür mit Tempo, viel Witz und bekannten Stimmen: Neben Jan Weiler ist Anette Frier zu hören, die ihre Stimme der frustriert-bissigen Heidi Lohmann leiht.

Marina Mucha

Tom Hanks • Schräge Typen

Osterworldaudio • 02. Januar

Tom Hanks hat als oscarprämierter Schauspieler schon viele schräge Typen gegeben, jetzt hat er 17 Kurzgeschichten verfasst, die von ebensolchen Sonderlingen handeln. Vom überforderten Liebhaber über den verwundeten Weltkriegssoldaten bis hin zur Schreibmaschinenromantikerin: Die vertonten Erzählungen entführen uns in die Lebenswirklichkeiten von Charakterköpfen, die an ihren eigenen Geschichten basteln und dabei mal mehr, mal weniger erfolgreich sind. Unterschwellig lässt sich viel Lebensweisheit spüren, aber auch die große Herausforderung, der Moderne zu trotzen. So finden sich Müßiggänger und Einzelkämpfer, die sich in verblüffenden Situationen wiederfinden (eine Reise zum Mond etwa) und um die Klippen des Lebens schippern. Immerzu schwingt eine gute Prise Humor mit, subtil zwar, aber gleichzeitig zum Totlachen. In seinem literarischen Erstlingswerk muss Hanks dabei keinem Genre treu bleiben, er changiert gekonnt zwischen Liebesgeschichten, Alltagsanekdoten und Abenteuererzählungen, so dass in 545 Minuten keine Langeweile aufkommt.

Marina Mucha