Literatur

Buchvorstellungen der Woche

Lina Meruane • Barbara Bleisch • Manuela Lenzen

Lina Meruane • Rot vor Augen

Arche • 22. Februar

Lint Meruane Rot vor AugenUnd Gott sprach: Es werde Dunkelheit! Der vierte Roman der Chilenin Lina Meruane führt ins Herz der Finsternis einer unserer größten Ängste: der vor dem Verlust des Lichtes. Eine Ader platzt, Feuerwerk im Kopf, tiefschwarzes Blut im Auge, zerschellte Fassung, Wut, Angst. Meruane verliert keine Zeit, lass uns gehen, lass uns sofort gehen, fleht sie, und ihre präzise Sprache kennt kein Pardon: „Das war also die Sackgasse, die dunkle Ecke, in der man nur namenlose, ausweglose Schreie hört.“ Doch der nächste Morgen beschert Erleichterung, nur ein Auge ist erblindet, vorerst, und es bleibt Zeit, sich in die neue Wohnung einzufinden, die der Freund gekauft hat, ein paar Blocks weiter, ein Leben später, der das Taumeln, Stolpern und Verrennen erst für eine weitere Episode hält, die Augen verschließt, die doch sehen könnten. Meruane, die sich selbst in die Protagonistin einschreibt, die ihren Namen trägt, ist ein knapper, gewaltiger Roman über die identitätsbildende Kraft unserer Sinne gelungen.

Friedrich Reip


Barbara Bleisch • Warum wir unseren Eltern nichts schulden

Hanser • 19. Februar

Barbara Bleisch Warum wir unseren Eltern nichts schuldenBlut ist dicker als Wasser. Chemisch betrachtet richtig. Barbara Bleisch, Philosophin aus der Schweiz, untersucht, inwiefern das Sprichwort stimmt, als das wir es verwenden. Konkret: sie schüttelt Durchschnittsdenken kräftig durch und entwirft eine visionäre Ethik von Familienverhältnissen. Im Mittelpunkt die Frage, ob alleine der Umstand, dass wir alle jemandes Kinder sind, auch eine Verpflichtung diesen Menschen gegenüber bedeutet. Sind Abstammungsverhältnisse spezielle Verhältnisse? Fakt ist: Kinder können sich ihre Eltern nicht aussuchen. Familie ist einfach da und mit ihr müssen wir zurechtkommen. Eltern werden immer Eltern bleiben, ein unkündbares Verhältnis. Wie aber ist es zu gestalten? Welche Erwartungen müssen wir erfüllen? Mehr Besuche, Anrufe? Bleisch analysiert präzise, lebendig, lebensnah. In ihrem Fazit, dass es keine Pflicht zur „Rückerstattung“ gibt, steckt auch die Chance für erwachsene Kinder ihre Beziehung zu den Eltern neu zu gestalten – oder sich daraus zu verabschieden

Sylvie-Sophie Schindler


Manuela Lenzen • Künstliche Intelligenz - Was sie kann und was uns erwartet

C.H.Beck • 15. Februar

Manuela Lenzen Künstliche IntelligenzKünstliche Intelligenz beschäftigt die Menschheit nicht erst seit diversen Science-Fiction-Filmen der jüngeren Zeit, spätestens seit den Geschichten des Golems oder des Homunculus bereiten uns unbeseelte, aber durchaus selbstständige Maschinen Kopfzerbrechen. Die Philosophin und Spezialistin für Künstliche Intelligenz Manuela Lenzen widmet sich dem brandaktuellen Thema in seiner Breite und deckt Urängste und Hoffnungen auf. Sie setzt die scheinbar intelligente Technik, die unseren Alltag immer mehr durchdringt, auf den Prüfstand und erlaubt, angenehm verständlich geschrieben, einen umfassenden Einblick in die Robotik, veränderte Arbeitswelten, moralische Grenzgänge und Fragen nach der echten, selbstlernenden Intelligenz. In der Auseinandersetzung mit dem Künstlichen wird durch geschickte Spiegelungen und Abgrenzungen auch immer das „Menschliche“ zum Thema. Mit dem Entwurf einer ganz persönlichen Utopie ist sie dem Traum vom friedvollen Zusammenleben von Mensch und Maschine auf der Spur, ohne sich dabei in Schwärmereien zu verlieren.

Marina Mucha

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