Literatur

31.10. | Hörbuch der Woche

Rainer Maria Rilke • Jeder Engel ist schrecklich

Argon

31.10. | Hörbuch der Woche  - Rainer Maria Rilke • Jeder Engel ist schrecklich

Rainer Maria Rilke
Jeder Engel ist schrecklich

gelesen von Franziska Walser und Edgar Selge
Argon, 1 Std. 26 Min.


1912 beginnt Rainer Maria Rilke mit dem Verfassen der Duineser Elegien – seinem berühmtesten Gedichtzyklus, den er erst 10 Jahre später vollenden und 1923 im Insel Verlag Leipzig veröffentlichen wird. Die 10 Gedichte umfassenden Duineser Elegien, bei Triest begonnen und im Schloss Muzot in der Schweiz beendet, sind Rilkes Opus Magnum. Darin beschreibt der Lyriker die Fülle des menschlichen Daseins, thematisiert die eigenen Liebeskrisen ebenso wie seine Erfahrungen als Soldat im ersten Weltkrieg. Den Schmerz und die Brüchigkeit der eigenen Existenz artikuliert er in Versen, präsentiert sich zwischen den Zeilen als Getriebener; von seiner Arbeitswut und vom Leben. Diese Zwiespältigkeit zwischen dem eigenen Furor und dem Kranken an den Hürden der Welt, bringen Franziska Walser und Edgar Selge auf die Bühne. In seinen Aufführungen beschäftigt sich das Schauspieler:innen-Paar bereits seit längerem mit den Elegien. Allerdings lesen sie diese nicht vor, sondern rezitieren die Elegien frei und lassen sich dadurch vom Moment führen. Nun nehmen sie sich im Hörbuch „Jeder Engel ist schrecklich“ der ersten Elegie an. Leitmotiv: der Engel, ein Wesen zwischen eigenem und fremdem; eine Gestalt, die Walser und Selge dem Menschen in seiner scheinbaren Überdimensionalität gegenüberstellen. Gegensätzlichkeit? Ein Konzept, das sich bei Rilke auch im Wechsel zwischen dem Schönen und Schrecklichen manifestiert. Zwei Seiten einer Medaille, die ebenso die Gesetzmäßigkeiten des Lebens als auch die Kernattribute der Engelswesen beschreiben – zumindest bei Rilke. Durch den Dialog der beiden Schauspieler:innen gewinnt das Dilemma, das sich Leben nennt, an Kraft und entwickelt sich im Laufe des Zwiegesprächs zu einem fast schon existenziellen Kampf um Leben und Tod. Rilkes Elegien hauchen sie damit neues Leben ein und holen den vor 100 Jahren erschienen Gedichtzyklus in die Gegenwart.