Literatur

31.01. | Buch der Woche

Philippe Djian • Ein heißes Jahr

Diogenes

31.01. | Buch der Woche - Philippe Djian • Ein heißes Jahr

Philippe Djian
Ein heißes Jahr

übersetzt von Norma Cassau
Diogenes
Hardcover, 240 Seiten, 24,00 €

Zu viel Moral kann tödlich sein. Das ist in etwa die Message von Philippe Djians aktuellem Roman »Ein heißes Jahr«, der einen beim Lesen seltsam kalt lässt. Nach dem Tod von Ehefrau Denise erfährt Greg eine Läuterung. Auf einmal plagen ihn Gewissensbisse, weil das Pestizid, das er mit seinem skrupellosen Schwager Anton vertreibt, nicht nur Unkraut tötet, sondern mitunter auch mal einen Menschen. Liebevoll kümmert er sich um seine Nichten. Und dann verliebt er sich auch noch Hals über Kopf in die Klimaaktivistin Véra. Dass die sich nicht an seinem Porsche stört, hätte ihn eigentlich misstrauisch machen müssen. Als sie ihn dann gleich mit zwei Männern betrügt, verfällt Greg in alte Muster und sieht keinen Ausweg. Obwohl Philippe Djian (1949) die Geschichte im Jahr 2030 ansiedelt, in dem Dürren und Waldbrände an der Tagesordnung sind, und er, wie man es nicht erst seit »Betty Blue« (1985) von ihm kennt, mit Sex nicht geizt, wirkt alles irgendwie unterkühlt. Er variiert Motive, die in seinen Büchern immer wieder eine Rolle spielen. Lässt die Moral der Weltpolitik und die persönliche seiner Protagonisten kollidieren. Aber die Handlung wirkt konstruiert, trivial. Klischee reiht sich an Klischee. Die Figuren leben nicht. Die personale Erzählperspektive nimmt einen nicht mit. Und die Sprache, für die Djian so gerne als »der amerikanischste unter den französischen Autoren« gelobt wird, bleibt ohne Witz und Esprit. Nicht auszudenken, was Michel Houellebecq aus diesem Stoff gemacht hätte.

Welf Grombacher