Musik

28.05. | Album der Woche

Birgit Minichmayr • As An Unperfect Actor

ACT

Rollenwechsel

Schauspielerin Birgit Minichmayr macht auch als Sängerin eine gute Figur: Auf dem Album „As An Unperfect Actor“ interpretiert sie Shakespeare-Sonette.

Vor über zehn Jahren sind Sie schon mal als Sängerin in Erscheinung getreten: gemeinsam mit Campino sangen sie sehr überzeugend den Toten-Hosen-Song „Auflösen“. Warum dauerte es so lange, bis man Sie jetzt wieder singen hört?
Ehrlich gesagt, weiß ich das auch nicht so genau. Nach einer Aufführung der „Dreigroschenoper“ kam jemand mit der Idee auf mich zu, eine Band zu gründen und eigene Musik zu machen. Er wollte Musiker für mich suchen. Aber das war alles sehr konstruiert – bei mir muss es aus einem natürlichen Prozess heraus entstehen. Wie bei diesem Album: Zu dem bin ich gekommen wie die Jungfrau zum Kinde.

Wie meinen Sie das?
Bei einem „Dorothy Parker“-Abend kam die Idee auf, dass ich einen Cole-Porter-Song singe. Der Pianist Bernd Lhotzky hat da überschwänglich auf meine Stimme reagiert und gemeint, dass ich unbedingt singen sollte. Am besten Shakespeare. Ich habe das zunächst nicht ernst genommen, doch ein paar Monate später hat er mir die ersten Kompositionen zugeschickt: Vertonungen von Shakespeare-Sonetten.

Sie haben „As An Unperfect Actor – Nine Shakespeare Sonnets“ gemeinsam mit dem Pianisten Bernd Lhotzky und den Musikern von Quadro Nuevo im Studio aufgenommen. Wie war das?
Nach so langer Zeit war es ein irres Erlebnis, wieder Live-Musik zu hören. Ich bin vor Begeisterung im Dreieck gesprungen, das hat mich extrem beflügelt. Musikmachen schüttet ja Glückshormone aus, das war unglaublich schön.

Was hat Musik, was die Schauspielerei nicht hat?
Die Unmittelbarkeit. Wenn du im Theater deinen schönsten Monolog sprichst, wird niemand aufspringen und jubeln. Bei der Musik ist das anders. Sie trifft die Menschen an anderer Stelle und löst sofort Gefühle aus – Worte schaffen das nicht.

Würden Sie das Album als eine positive Corona-Begleiterscheinung bezeichnen?
Das kann man so sagen. Wir alle haben normalerweise volle Terminkalender. So problemlos hätten wir sonst nie Zeit dafür gefunden.

Apropos Corona: Sind Sie auch von den „#Allesdichtmachen“-Organisatoren angefragt worden?
Ja, ich wurde angefragt. Da sich mir aber der Sinn der Aktion nicht erschloss, kam für mich eine Teilnahme nicht in Frage. Natürlich kann ich auch den Unmut von vielen verstehen, aber von „totalitären Maßnahmen“, von denen da gesprochen wurde, sind wir, wie ich finde, weit entfernt.

Birgit Minichmayr, Bernd Lhotzky & Quadro Nuevo
As An Unperfect Actor

ACT – 28. Mai

Das Album „As An Unperfect Actor“ überrascht mehrfach. Einerseits verwundert die umjubelte Schauspielerin und Gelegenheitssängerin Birgit Minichmayr mit rauer, volltönender und dazu erstaunlich selbstbewusster Stimme. Andererseits hat Pianist Bernd Lhotzky für die Vertonung der neun Shakespeare-Sonette herrlich unkonventionelle Kompositionen entworfen, die gleichermaßen Tango, Jazz und Kabarett bedienen. Mit den einfühlsam spielenden Musikern von Quadro Nuevo fanden sie kongeniale Mitstreiter.


Foto: Sascha Kletzsch

Gunther Matejka