Musik

24.08. | Album der Woche

Ólafur Arnalds • re:member

ÓLAFUR ARNALDS

re:member

Mercury KX • 24. August

Ólafur Arnalds nimmt nie einfach nur ein Album auf. Immer verfolgt der Isländer eine fixe Idee. Auf „re:member“ lässt er Geisterhände spielen.

Ólafur Arnalds Projekte verweben immer schon nicht nur die verschiedensten musikalischen Genres miteinander, sondern entstehen stets aus einem außergewöhnlichen Blickwinkel heraus. In seinen letzten Veröffentlichungen spielte die Zahl Sieben wiederholt eine besondere Rolle. Für seine „Found Songs“ nahm der Isländer sieben Tage in Folge jeweils einen Song auf und veröffentlichte ihn noch am gleichen Tag für seine Fans via Twitter und Facebook. Zwei Jahre später verfolgte er mit „Living Room Songs“ die gleiche konzeptuelle Denkweise und lud seine Fans mithilfe von You-Tube-Videos in das Wohnzimmer seines Apartments in Reykjavik ein, wo er eine Woche lang, begleitet von Freunden und Mitmusikern, täglich ein neues Stück aufnahm. Vor zwei Jahren verwirklichte Arnalds dann mit „Island Songs“ sein bisher ambitioniertestes Werk, das er gemeinsam mit Regisseur Baldvin Z zu einem Gesamtkunstwerk aus Film und Musik werden ließ. Die sieben Titel sind an den unterschiedlichsten Orten Islands in Zusammenarbeit mit lokalen Musikern entstanden. Die zugehörige Dokumentation porträtiert die jeweiligen Persönlichkeiten und die Kultur des Landes. So drehte Arnalds das Konzept seiner „Living Room Songs“ um, indem er die Menschen bei ihnen zu Hause besuchte, statt sie in sein eigenes Heim einzuladen. „re:member“ fällt aus der Reihe, denn die Sieben spielt nicht länger eine Rolle. Auch die Aufnahmeorte oder die Veröffentlichungsart sind hier nicht das Besondere, sondern das Instrumentarium. Gemeinsam mit Freund und Produzent Halldór Eldjárn entwickelte Arnalds für sein viertes Album eine Software namens Stratus. Die Stratus- Klaviere sind zwei sozusagen selbstspielende Instrumente: Drückt Arnalds eine Taste auf seinem Hauptklavier, ertönen auf den anderen beiden Pianos zufällige Tonfolgen – fast wie per Geisterhand. Als Verbindungsstück zwischen den verschiedenen Instrumenten fungiert der Computer mit besagter Software. „Durch das Programm hat man die Möglichkeit, das Klavier so zu spielen, wie man es mit seinen Händen nie könnte. Die generierten Sequenzen sind dafür zu schnell und die Töne zu weit über die Klaviatur verteilt“, erklärt Arnalds. „Es fühlt sich an, als würde man mit einer Band spielen. Wenn ich einen Akkord spiele, dann erwidern die Klaviere etwas. Ich wiederum muss dann darauf reagieren. Gewissermaßen kreiert man also sein eigenes kleines Orchester mit nur einer Person.

Fazit: Die Erfolgsrezeptur seiner Neoklassik ändert Ólafur Arnalds auf „re:member“ nicht wesentlich. Klavier, Streicher, wunderschöne Melodien und ein bisschen Elektronisches. Trotzdem hört man dem Album seine Besonderheit an. Die Klangwelten schlagen in unerwartete melodische Weiten aus und sind gleichsam fl üchtig wie Sommerregen und remanent. Denn obwohl die Musik scheinbar leicht dahinfl ießt, hinterlässt sie einen bleibenden Eindruck.

Autorin: Katharina Raskob