Literatur

23.11. | Buch der Woche

Ute Mank • Wildtriebe

dtv

23.11. | Buch der Woche - Ute Mank • Wildtriebe

Ein Bauernhof im Hessischen. Lisbeth führt ihn mit großem Pflichtbewusstsein und ist froh, als mit Schwiegertochter Marlies die nächste Generation auf den Hof kommt. Doch Marlies will sich nicht in die ihr zugedachte Rolle fügen und lieber ihren Träumen nachgehen: Arbeiten im Kaufhaus in der nächstgelegenen Stadt, selbst Traktor fahren und auf die Jagd gehen. Der Bauernhof ist ihr schnell zu eng, was zu Konflikten mit ihrer Schwiegermutter führt, fechten die beiden doch mit unterschiedlichen Lebensmodellen miteinander. Diese verschränken sich am ehesten noch in Marlies Tochter Joanna, die allerdings nach dem Abitur erst einmal ein Auslandsjahr in Uganda absolvieren möchte, statt den Hof zu übernehmen. Ute Manks Bestseller, der jetzt als Taschenbuch erschienen ist, ist teils autobiografisch gefärbt, schließlich heiratete sie selbst in eine Dorffamilie ein, in der sie bis heute als „die aus der Stadt“ gilt. Die promovierte Erziehungswissenschaftlerin debütiert mit einer starken Geschichte, die nachzeichnet, wie sich die Lebensentwürfe und Rollenbilder von Frauen seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland signifikant verändert haben. Natürlich geht es dabei auch um Emanzipation, wenn auch eher subtil, denn im Mittelpunkt stehen drei starke Frauen, die jeweils das Produkt ihrer Zeit sind: Lisbeth ist geprägt von der Nachkriegszeit, während Marlies im Angebot und den Verwirklichungsmöglichkeiten der Wirtschaftswunderzeit aufgeht. Joanna schließlich lebt jene Freiheitsgedanken, die spätestens mit den 68ern Einzug in Deutschland hielten und dabei halfen, Frauen von ihren starren Rollenbildern zu befreien. Ein Pluspunkt der neuen Taschenbuchausgabe ist das neu gestaltete Cover, nachdem die Hardcover-Version von vielen als zu kitschig für den tiefgründigen und lesenswerten Inhalt empfunden wurde.

Ute Mank
Wildtriebe

dtv, 288 Seiten

Lars Backhaus