Musik

23.11. | Alben der Woche

John Metcalfe • John Scofield

fastlandTINA DICO

Fastland

BMG • 28. September

Was Tina Dicos nunmehr elftes Album auszeichnet sind im Wesentlichen drei Dinge: Perfektion in ihrem Handwerk als Musikerin, scheinbar unendliche schöpferische Kraft und ein weit geöffnetes Herz, das mit wachen Augen auf die Welt blickt. „Fastland“, das ist dänisch und bedeutet „Festland“, eine Antithese zu der schnelllebigen Welt, in der wir uns bewegen. Wenn sie in „Fancy“ im munteren, elektronisch angehauchtem Soul-Pop Materialismus kritisiert und im nächsten Atemzug im dunkleren „Not Even Close“ die absolute Bewegung des Selbst postuliert, hört man in jeder perfekten Note ihr ganz persönliches Verhältnis zum Sein heraus. Der rote Faden ihrer Momentaufnahmen ist die unverkennbare Stimme der Dänin, glasklar und durchsetzungsstark. Ihre Songs sind kleine Mikrokosmen, in denen sie immer sattelfest mit unterschiedlichen Einflüssen aus Folk, Pop, Soul und Elektro experimentiert und die sich zu guter Letzt vor allem durch ihr hervorragendes Songwriting auszeichnen, das mitten ins Herz trifft. Marina Mucha


John Metcalfe AbsenceJOHN METCALFE

Absence

Neue Meister • 21. September

John Metcalfe ist für Fans von Mainstream- Pop kein besonders bekannter Name. Doch wer sich die Mühe macht, ins Kleingedruckte zu schauen, der entdeckt den gebürtigen Neuseeländer fast überall. Er arrangierte unter anderem für Coldplay und steuerte mit seinem renommierten Streichensemble „The Duke Quartett“ Musik zu Morrisseys „Viva Hate“ bei. Diese Liste vor Augen, überrascht es nicht weiter, dass Metcalfe auch bei seinen Solo- Werken Genregrenzen verpuffen lässt. Bei „Absence“ treffen perfekt arrangierte Streicherklänge auf Rosie Doonans glasklare Stimme, die exzellent zu der Thematik des Albums passt. In „Feel The Land“ nähert sich Metcalfe dem Umgang mit Verlust anhand elektronischer Elemente, bei anderen Songs verlässt er sich ganz auf Klavier, Streicher und Gesang. Vor allem Kontrabassist Ali Friend gelingt es, seine Linien als Vermittler zwischen den Fronten einzuweben. Mal introvertierte Solostimmen, mal überbordender Klangteppich: „Absence“ ist ein perfektioniertes Konglomerat. Katharina Raskob


John Scofield Combo 66JOHN SCOFIELD

Combo 66

Verve • 28. September

Viel höher als bei John Scofield kann die Messlatte eigentlich nicht mehr liegen. Er gilt nicht nur als einer der einflussreichsten und innovativsten Jazz-Gitarristen der heutigen Zeit, sondern durfte sich dank seiner letzten beiden Soloalben auch gleich drei Grammy-Trophäen ins Regal stellen. Wer hinter dem Titel „Combo 66“ deswegen ein hochkomplexes Zahlenrätsel vermutet, der wird enttäuscht: Scofield feierte während der Aufnahmen lediglich seinen 66. Geburtstag. Aber es überrascht nicht, dass Albumtitel und Musik in Sachen Originalität wenig gemeinsam haben. In „Can’t Dance“ parodiert Scofield seine dilettantischen Tanzkünste mit einem entspannten Nachmittagsswing. „Combo Theme“ klingt mit detektivischer Bassspur wie eine Neuinterpretation eines alten Henry-Mancini-Klassikers. Egal in welche Richtung Scofield seinen Jazz lenkt, er lehnt sich dabei stets mit einem verschmitzten Lächeln zurück und lässt die Dinge ihren Lauf nehmen. Und das funktioniert auch auf „Combo 66“ ohne Ausnahme. Katharina Raskob