Kino

23.05. | Kinostart der Woche

Die rote Linie. Widerstand im Hambacher Forst

{.img-left-33}Rote LinieDavid gegen Goliath

Widerstand für den Wald im rheinischen Braunkohlerevier: » Die rote Linie « erzählt vom ungleichen Kampf gegen die Rodung des Hambacher Forstes.

Mitten im Rheinland zwischen Köln und Aachen erstreckt sich eine zehn Kilometer lange, acht Kilometer breite Wüstenlandschaft: der Hambacher Tagebau, der größte Westeuropas. Hier fördert der Energieriese RWE seit Ende der 70er-Jahre jährlich 40 Millionen Tonnen Braunkohle zur Stromerzeugung. Über 5. 000 Hektar Wald, Felder, ganze Ortschaften und ihre Einwohner mussten weichen, und auch für die letzten verbliebenen 200 Hektar des Hambacher Forstes scheint die Zeit abzulaufen, trotz der Beschlüsse der Pariser UN-Klimakonferenz von 2015. Alle Proteste für einen sofortigen Kohleausstieg perlen an den Verantwortlichen des Energiekonzerns ab. Mit Billigung der politisch Verantwortlichen fressen sich die gigantischen Bagger unaufhaltsam durch die Landschaft. Unaufhaltsam? Nein! Schon seit 2012 besetzt eine kleine Gruppe Umweltaktivisten den Wald, errichtet Barrikaden, stellt sich mit allen Mitteln des gewaltlosen Widerstandes Wachschutz und Polizei entgegen, um neue Rodungen zu verhindern. Vier Jahre lang hat die Regisseurin Karin de Miguel Wessendorf einige der Beteiligten begleitet: Den jungen Klimaschützer Clumsy, der unter extremen Bedingungen in einem Baumhaus der Waldkolonie » Oak Town « lebt, bereit, für den Schutz des bedrohten Ökosystems bis zum Äußersten zu gehen. Unterstützung kommt unter anderem von Michael Zobel, Waldpädagoge und Organisator regelmäßiger Spaziergänge durch den Hambacher Forst, sowie Antje Grothus von der Bürgerinitiative der nahegelegenen Ortschaft Buir, die auf politscher Ebene um die Lobby der Anrainer kämpft. Gleichzeitig rollen die Bagger auch 30 Kilometer weiter nördlich, am Tagebau Garzweiler. Im Geisterdorf Immerath, wo der Umsiedler Lars als einer der Letzten im Haus seiner Familie ausharrt, wird trotz aller Proteste die denkmalgeschützte Kirche abgerissen. Doch der Verlust der heimischen Lebens- und Naturräume weckt überregionale Solidarität und mediale Aufmerksamkeit. Die Zahl der Unterstützer wächst und weitet sich zur Bewegung aus, tausende Menschen finden sich zu Demonstrationen, Protestaktionen und Menschenketten ein. Bis schließlich ein gerichtlich verfügter Rodungsstopp den Giganten in die Knie zwingt. Aber es ist ein Pyrrhussieg der Aktivisten: Sie blicken einer unsicheren Zukunft entgegen, auf viele von ihnen warten Gerichtsverfahren. Ob der umkämpfte Wald den rigorosen Eingriff in die Natur überstehen wird, bleibt ungewiss.

Hendrik Heisterberg