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19.10. | Heimkinotipp der Woche

Ich bin dein Mensch

Majestic

Foto: Christine Fenzl


Blumen vom Algorithmus

Man kennt Dan Stevens als romantischen Adligen in „Downton Abbey“, verzaubertes Monster in „Die Schöne und das Biest“ oder flamboyanten Sänger in „Eurovision“. Doch der Brite kann auch anders – vor allem auf Deutsch, wie er in Maria Schraders preisgekröntem „Ich bin dein Mensch“ an der Seite von Maren Eggert beweist.

Mr. Stevens, in Ihrem neuen Film „Ich bin dein Mensch“ von Maria Schrader spielen Sie einen humanoiden Roboter, der ganz darauf ausgerichtet ist, die romantischen Bedürfnisse einer skeptischen Wissenschaftlerin zu erfüllen. Sie selbst haben den Film kürzlich als „entzückend deutsch“ beschrieben. Wie meinten Sie das?
Damit wollte ich sagen, dass hier ziemlich große Fragen – was einen Menschen eigentlich ausmacht oder wie viel Perfektion die Liebe verträgt – auf sehr leichtfüßige, elegante und manchmal humorvolle Weise verhandelt werden. Das ist meiner Erfahrung nach eine sehr deutsche Qualität. Zumindest habe ich bei vielen meiner deutschen Kollegen und Freunden oft erlebt, dass sie sehr gut darin sind, schwere Themen nicht ausschließlich bierernst und schwermütig zu besprechen.

Woher kommt Ihr persönlicher Bezug zu Deutschland und der deutschen Sprache?
Freunde meiner Eltern lebten in Bielefeld, und wir haben sie in den Schulferien immer mal wieder besucht – dabei sind wir aus England mit dem Auto angereist! So habe ich schon als Kind ein bisschen Deutsch gelernt, später hatte ich es dann auch als Fach in der Schule. Über unsere Freunde habe ich in Bielefeld sogar mal ein kurzes Praktikum absolviert. Ich liebe die Sprache wirklich sehr. Lustigerweise konnte ich meine Deutschkenntnisse später dann auch beruflich nutzen, denn gleich mein erster Kinofilm war „Hilde“, in dem ich neben Heike Makatsch den britischen Schauspieler und Regisseur David Cameron spiele, der mit Hildegard Knef verheiratet war. Danach habe ich immer gehofft, dass sich noch mal die Chance ergibt, mein Deutsch vor der Kamera zu präsentieren, denn in einer Fremdsprache zu spielen ist eine spannende Herausforderung. Als sich die Gelegenheit bot, „Ich bin dein Mensch“ zu drehen, konnte ich mein Glück kaum fassen.

Kannten Sie Maria Schrader, die Ihnen diese Chance eröffnete, vorher schon?
Als das Drehbuch auf meinem Tisch landete, hatte ich lustigerweise gerade die Netflix-Serie „Unorthodox“ gesehen, bei der sie Regie geführt hat. Außerdem kannte ich einige Folgen von „Deutschland 89“. Überhaupt wusste ich, dass sie eine tolle Schauspielerin ist. Freunde, die sich in der deutschen Theaterszene auskennen, schwärmten oft von ihr. Und auch die Arbeit mit ihr war die reinste Freude. Ihr Verständnis für Schauspielerei ist zutiefst instinktiv und brillant. Ich habe selten jemanden erlebt, der mit so einfachen Mitteln einem Schauspieler weiterhelfen kann, wenn dieser mit einer Szene Schwierigkeiten hat.

Dass Sie „Unorthodox“ bereits gesehen hatten, zeigt auch, wie kurzfristig „Ich bin dein Mensch“ im vergangenen Jahr umgesetzt werden musste...
Oh ja, das ging wirklich schnell. Im März war ich noch in New York und stand kurz vor der Premiere eines neuen Theaterstücks am Broadway. Doch dann kam die Pandemie, alles wurde abgesagt, und ich flog zurück zu meiner Familie nach Los Angeles. Einige Wochen später lernten Maria und ich uns via Zoom kennen – und kurz darauf saß ich in der Berliner Juni-Sonne zum ersten Mal seit Monaten draußen in einem Café, um mit ihr den bevorstehenden Dreh zu besprechen. Das war ziemlich surreal, denn ich hatte davor eigentlich seit März das Haus nicht mehr verlassen.

Stimmt es, dass Sie sich für die Darstellung des romantisch programmierten Roboters Tom an Cary Grant und Jimmy Stewart orientiert haben?
Das waren auf jeden Fall Vorbilder, über die Maria und ich gesprochen haben. Wenn man an das Spiel der beiden denkt, dann sieht man da immer eine enorme Klarheit und Direktheit. Cary Grant zum Beispiel war gerade in seinen romantischen Rollen immer ziemlich witzig, aber auch auf eine aus heutiger Sicht beinahe künstliche Weise makellos. Das fand ich für einen Roboter sehr passend. Dazu kommt, dass die Vorstellungen, die Tom – beziehungsweise sein Algorithmus – von Romantik und Liebe hat, sicherlich auch von den klassischen romantischen Komödien aus Hollywood geprägt wurden. Oh, die Frau ist traurig, also schenke ich ihr Blumen! Solche Automatismen aus den Geschichten von damals passten jetzt sehr gut zu Tom.

Ich bin dein Mensch
Universal Pictures, 23. September

Die skeptisch-rationale Wissenschaftlerin Alma (Maren Eggert) nimmt als Expertin an einem besonderen Experiment teil: Drei Wochen lang soll sie den humanoiden Roboter Tom (Dan Stevens) mit nach Hause nehmen, der komplett nach ihren romantischen Vorstellungen als potenzieller Traummann programmiert wurde. Er bemüht sich mithilfe seiner künstlichen Intelligenz nach Leibeskräften, sie gibt sich konstant ablehnend und desinteressiert, und letztlich kommt für beide alles anders als gedacht. Regisseurin Maria Schrader macht aus diesem Setting eine smarte romantische Komödie der etwas anderen Art. „Ich bin dein Mensch“, Deutschlands Oscar-Beitrag, ist ein wunderbarer Film über Einsamkeit, Liebe und menschliche Kommunikation, mit bestechender Leichtigkeit, charmantem Witz und zwei fantastischen Hauptdarstellern.

Patrick Heidmann