Musik

17.05. | Album der Woche

Norah Jones • Begin again

Begin again

NORAH JONES

Begin Again

Blue Note • 12. April

Sie ist keine, die tagtäglich Intimitäten in die Öffentlichkeit posaunt, twittert oder instagrammt. Nicht einmal der Name ihres aktuellen Lebenspartners ist bekannt: Norah Jones weiß ihr Privatleben zu schützen.

Das hat seine Gründe. Schon ihr erstes Album, eine Sammlung sanfter, mit bluesiger Stimme vorgetragener Folkpop-Songs, katapultierte die Singer/Songwriterin auf Platz Eins der US- Charts. »Come Away With Me« gewann später fünf Grammys – da war Jones gerade einmal 23 Jahre alt. »Mir war das alles peinlich, weil ich dachte, dass ich es nicht verdient habe«, erinnerte sich die Sängerin vor drei Jahren im GALORE-Interview. » Ich bin dem öffentlichen Interesse sehr naiv begegnet, fühlte mich ständig überwältigt.« Inzwischen besitzt Jones neun Grammys und hat mehr als 50 Millionen Platten verkauft. Sie ist ein Superstar, aber auch zweifache Mutter. Auf Konzertbühnen gibt sie selten die Entertainerin, in Interviews bemüht sie sich stets, nicht zu viel preiszugeben. Nach dem Erfolg ihres letzten Albums »Day Breaks « und der darauffolgenden Tournee nahm sie sich vor, es künftig auch im Studio etwas ruhiger angehen zu lassen. » Es war mir wichtig, ganz im Moment zu sein, spontan kreativ zu werden und Songs auch mal aus dem Nichts hat keine Lust auf Deadlines: die Singer/Songwriterin geht lieber spontan ins Studio und veröffentlicht die Ergebnisse als Mini-Album. entstehen zu lassen«, sagt Norah Jones über die Sessions, die zum neuen Mini-Album »Begin Again« führten. Oft gab es nur ein paar Voice Memos, die den Ausgangspunkt bildeten. Ohne den Druck eines Konzeptes oder Deadlines traf sich die Musikerin mit Freunden im Studio. Vier Schnappschüsse dieses kreativen Schaffens teilte Jones im letzten Jahr ohne große Ankündigung in Streaming-Portalen – eine Veröffentlichungspolitik, die dem Musik-Business des Jahres 2019 angemessen scheint. In Zeiten, in denen das Album als Gesamtkunstwerk an Bedeutung verliert, darf jeder einzelne Song noch vielfältiger sein. Jedes der sieben Stücke auf dem nicht einmal halbstündigen Album ist anders instrumentiert. »Heart is Full« überrascht mit abgründiger Elektronik, andere Songs bieten funky Bläser-Arrange ments und einmal nutzt Jones sogar das oft ver teufelte Autotune, um ihre Stimme zu verfremden (Entwarnung: der Effekt wird nur sparsam eingesetzt). »Begin Again« – ein musikalischer Neuanfang? Tatsächlich zeigt Norah Jones mit einem Seitenhieb auf Trump & Co., dass sie den Titelsong politisch verstanden wissen möchte: »Will the people at the top/Lose their way enough to stop?« Jan Paersch