Musik

16.06. | Album der Woche

Yusuf / Cat Stevens • King Of A Land

BMG / Dark Horse

16.06. | Album der Woche - Yusuf / Cat Stevens • King Of A Land

Foto: Aminah Yusuf


Kinder zu Königen

Als Cat Stevens seinen Abstand von der Musik aufhob, spielte er zunächst nur für Kinder. Auf seinem neuen Album »King Of A Land« dreht er den Spieß um.

Post für King Charles III.: Pünktlich zu seiner Krönung erhielt das neue britische Oberhaupt einen Zehn-Punkte-Plan von Cat Stevens, veröffentlicht auf dessen Homepage und überschrieben mit »Manifest für einen guten König«. Die darunter aufgelisteten Punkte werben um Demut und Nächstenliebe und warnen vor Hass und der Negativität im inneren Zirkel, gerade jenem eines Königs. Soweit alles richtig und wohlmeinend, wirken sie in ihrer menschelnden Schlichtheit aber wie die frommen Wünsche eines verträumten Hippies. Fast möchte man dieses Manifest etwas infantil schimpfen. Allein: Wer, wenn nicht Cat Stevens, die große Stimme aller Babyboomer-Spontis und Anti-Atomkraft-Aktivisten, sollte den Anspruch an einen Monarchen formulieren, seinen Wertekompass mal zu überdenken? Bereits im Titelsong beschreibt Stevens sein »Kingdom Of Woodbee«, eine Gesellschaft voller Hoffnung, Rückgrat und Rücksicht. Was zunächst leicht nach dem Gutmensch-Remix von Rio Reisers »König von Deutschland« riecht, entpuppt sich als wundervoller Mutmacher, sein eigenes kleines »Königreich der Holzbiene« friedvoll in den Humanismus zu führen. Und so geht es weiter mit den bedeutungssatten Sinnzeilen: Sein 17. Album »King Of A Land« hat ein Anliegen – erzählt durch die unverdorbenen Vorstellungen einer kindlich naiven Welt. Einer Welt, an der wir Erwachsenen uns dringend orientieren sollten, wie Stevens in einem Gespräch mit GALORE verriet: »Ich kann über mich selbst deutlich mehr erfahren, wenn ich meine Songs einer Handvoll Kindern vorspiele, als wenn ich sie vor vielen Tausend Fans aufführe. Ihr grundehrliches, zuweilen entlarvendes Feedback ist eines der wertvollsten Werkzeuge der Reflexion. Darin liegt die größte Wahrheit, die wir außerhalb unseres eigenen Bewusstseins finden können.« Über zehn Jahre hat Stevens an den zwölf Songs gearbeitet. Fertig gestellt wurden sie in Friar Park, dem Studio auf dem Anwesen des verstorbenen Beatle George Harrison, zu dem kaum je ein anderer Musiker Zutritt bekam; ein für eine solche Platte angemessen mystisch aufgeladener Ort. Beachtlich an diesem weisen Alterswerk ist daher auch nicht der Inhalt; immerhin hat Stevens nach seiner Konvertierung zum Islam mehr als 20 Jahre ohne Musik seinem Verhältnis zum Glauben und den großen Sinnfragen gewidmet. Unerwartet ist vor allem der Klang: Es scheint, als habe der 74-Jährige erst jetzt, mit dieser Platte und ihrem Thema, die perfekte Balance zwischen dem neugierigen Musiker Cat Stevens und dem korantreuen Muslim Yusuf gefunden.


Cat Stevens Yusuf / Cat Stevens
King Of A Land

BMG / Dark Horse, 16. Juni

Ob Träumerei oder ernsthaftes Anliegen: Geht es nach Cat Stevens, kann diese Platte den Hörer zu einem besseren Menschen machen – zu einem »guten König« seines kleinen Reichs, beseelt von Liebe, Toleranz und Respekt. Wem das zu esoterisch ist, dem bleibt die Musik, und die überrascht mit verspielter Experimentierlust. Von unaufgeregten, zerbrechlich minimalistischen Folkpop-Meditationen über orchestral Raumgreifendes bis hin zu stampfendem Hardrock und groovender Americana: So heterogen und abwechslungsreich klang er noch nie.

Sascha Krüger