Musik

12.05. | Album der Woche

Riopy • Thrive

Warner Classics

12.05. | Album der Woche - Riopy • Thrive

Foto: Pierre Emmanuel Rastoi


Musik zum Überleben

Für Riopy ist »Thrive« die innere Kraft, die bei Zweifeln zum Kampf ermutigt. Erfahren hat er dies am eigenen Leib, denn seine Musik rettete ihm das Leben.

Riopy, das erste Album, das Sie kauften, war »Parachutes«­ von Coldplay. Einige Jahre später schenkte Chris Martin Ihnen einen Steinway. Was passierte dazwischen?

Ein ganzes Leben. Ich zog an meinem 18. Geburtstag zu Hause aus und erinnere mich noch, wie ich das Album in den Straßen von Paris hörte. Es war Weihnachten, es schneite. Ich hatte einen deprimierenden Tag und weinte und hatte keine Ahnung, was das Leben für mich bereithält. Ziemlich genau 10 Jahre später traf ich bei einem Event Chris und seine damalige Frau Gwyneth Paltrow, spielte ein Stück und einige Wochen danach schenkte er mir den Flügel. In diesem Moment habe ich gemerkt, dass man im Leben nie weiß, was auf einen zukommt. Man hat keine Kontrolle.

Ihr aktuelles Album heißt »Thrive«. Hilft Musik Ihnen beim Florieren?

Zu 200 Prozent. Ohne die Musik wäre ich tot. Ich habe mehrfach versucht, mir das Leben zu nehmen. Ich hatte eine schwierige Kindheit, bin in der Hölle aufgewachsen. Ich musste früh ums Überleben kämpfen, denn ich konnte meiner­ eigenen Mutter nicht vertrauen und erfuhr keinerlei Schutz zu Hause. Die Musik war mein einziger Weg dieser Realität zu entfliehen. 

Sie sind Botschafter von Restore The Music UK, eine Wohltätigkeitsorganisation, die bei der Finanzierung von musikalischer Bildung in sozial benachteiligten Schulen hilft.

Diese Kinder erinnern mich an meine frühen Jahre. Wir haben viel gemeinsam. Genau wie ich damals haben sie nur wenig und in gewisser Hinsicht dadurch mehr: Viele Kinder besitzen Unmengen an Spielzeug. Aber nur, wenn mir auch ab und zu mal langweilig ist, werde ich neugierig und benutze meine eigenen Gedanken, um nach Alternativen zu suchen. Langeweile fördert Kreativität. 

Warum ist Kreativität wichtig?

Zum Überleben. Die Welt, wie wir sie kannten, gibt es nicht mehr. Unser Hirn besteht aus zwei Hälften. Die linke Seite ist für Fakten­wissen zuständig, die rechte für Kreativität und Emotionen. In der Vergangenheit war die linke Gehirnhälfte entscheidend, aber in Zeiten von künstlicher Intelligenz glaube ich nicht, dass das noch der Fall ist. Eine mathematische Grundbildung ist wichtig, aber wir werden in diesen Bereichen von Computern ersetzt. Wie wird die Welt in 20 Jahren aussehen? Was werden unsere Kinder arbeiten? Wir müssen diese Themen ansprechen, damit ein gesellschaftliches Umdenken stattfindet. Denn Intellekt kann ersetzt werden. Gefühle machen uns Menschen aus.


Riopy Thrive Riopy
Thrive

Warner Classics, 14. April
Mit »Thrive« wagt Riopy in mehrerlei Hinsicht Neues. Neben seinen Eigenkompositionen leiht er sich bekannte Motive des Klassikuniversums und lässt sie in neuem Kontext erklingen. In »Costa Da Caparica« umschwirren die geerdeten Akkorde Saties leichtfüßige Streicher und verpassen diesen berühmten Harmonien so einen modernen Anstrich. Obwohl Riopy mit »Nocturne« beweist, dass er es immer noch schafft, den Hörer allein mit dem Klavier zu bezaubern, zeigt er mit »Thrive«, dass ihm auch die orchestrale Palette gut zu Gesicht steht.

Live: Riopy
30.05. Stuttgart
31.05. Köln
02.06. München
03.06. Berlin
20.06. Hamburg

Tickets gibt es auf eventim.de

Das neue Album "Thrive" ist ab sofort überall erhältlich.

Katharina Raskob