Kino

11.01. | Kinostart der Woche

15 Jahre

11.01. | Kinostart der Woche - 15 Jahre

Zurück zum Ursprung

Mit dem Film »Vier Minuten« feierte Schauspielerin Hannah Herzsprung 2007 ihren endgültigen Durchbruch, es folgten zahlreiche Preise und Erfolgsfilme. Jetzt kehrt sie mit »15 Jahre« in die Rolle der eigenwilligen Klavier-Virtuosin Jenny von Loeben zurück – eine Herausforderung in vielerlei Hinsicht.

Hannah Herzsprung, was ist für Sie das Schönste an Ihrem Beruf? Ich mag es, mich in andere hineinzuversetzen, in andere Welten einzutauchen, neugierig zu sein und zu ergründen, was eine Figur, die ich verkörpern soll, antreibt. Auf diese Weise finde ich den Zugang für mein Spiel.

Im Falle von »15 Jahre« ist das körperlich nicht ganz ohne, Sie schlagen im Film beispielsweise auf eine Motorhaube ein.
Es ist ja nicht nur dieses Einschlagen auf das Auto, sondern auch schon der Gang aus dem Haus heraus auf den Wagen zu. Die gesamte Szene muss komplett durchchoreografiert werden und bis ins Detail stimmen. So etwas kann man nicht endlos wiederholen, dafür fehlen uns schlichtweg die Autos. Aber genau solche anspruchsvollen Drehtage machen den Reiz aus. Man muss sich komplett drauf einlassen, um die nötige Kraft aufzubringen. Ich musste die Aggression körperlich spüren, um es so authentisch zu spielen, dass die Leute im Zuschauerraum denken: Oh mein Gott, was macht die denn da?

Als es damals um die Vergabe der Hauptrolle in »Vier Minuten« ging, haben Sie ein wenig geflunkert.
Es war ein riesiges Casting, über einen längeren Zeitraum stellten sich mehr als 2.000 Mädchen vor. Meine Agentin hatte dafür gekämpft, dass ich teilnehmen kann. Ich wollte diese Rolle so sehr. Als ich dann gefragt wurde, ob ich Klavier spielen könne, sagte ich einfach »Ja«, obwohl das nicht stimmte. Beim Recall wurde es noch einmal speziell. In der geforderten Szene sollte ich ein Stück Papier essen. Der Regisseur Chris Kraus erzählte mir später, ich sei die Einzige gewesen, die das wirklich durchgezogen hat. »Vier Minuten« war zunächst nicht besonders erfolgreich. Als der Film herauskam, war ich schon wieder in Wien und habe studiert. Ich war sehr unzufrieden und dachte: Ich habe doch so einen tollen Film gemacht, warum sieht den denn keiner? Doch dann wurde »Vier Minuten« auf dem Filmfestival in Shanghai plötzlich gefeiert und mit einem Mal bekam unser Film die erhoffte Aufmerksamkeit.

Machte Ihnen der Ruhm auch ein wenig Angst?
Nein, gar nicht. Es war genau das, was ich wollte. Schauspielerin werden, tolle Filme drehen. Das war ein Traum, der für mich damals wahr wurde.

Auf welche Weise nähert man sich einer Rolle wie der der Jenny von Loeben nach einer so langen Unterbrechung?
Ich wäre gern, wie damals für »Vier Minuten«, ins Gefängnis gegangen, um Gespräche mit Häftlingen zu führen. Leider war das wegen der Corona-Pandemie dieses Mal nicht möglich. Also legten wir den Fokus darauf, wie Jenny sich verändert haben könnte. Wir wollten sichtbar machen, dass sie sich äußerlich hat gehen lassen, ihre Haut und ihre Klamotten sollten einen entsprechenden Look bekommen. Gleich- zeitig sollte sie körperlich in Bestform sein.

Flunkern war für Sie in diesem Falle unmöglich.. Das kann man wohl sagen. Ich habe sieben Monate lang ein striktes Programm durchgezogen, habe Gewichte gestemmt, bin jeden Tag gelaufen und stellte meine komplette Ernährung um. Nur so war es möglich, diese extreme Körper- lichkeit zu erzeugen. 46 Tage lang dauerte der Dreh, danach war ich fix und alle. Gleichzeitig bin ich sehr glücklich, so etwas erlebt zu haben.

Bedeutet »15 Jahre« nun den Abschied von Jenny?
Es ist bemerkenswert, dass es nach so langer Zeit eine Fortsetzung gibt, wobei »15 Jahre« auch als eigenständiger Film funktioniert. Über eine weitere Fortsetzung haben wir nicht gesprochen und ich kann mir das im Moment eigentlich auch nicht vorstellen. Aber man weiß ja nie. Spannend wäre es mit Sicherheit!


15 Jahre

  1. Januar, 2 Std. 24 Min.

Jenny von Loeben saß fünfzehn Jahre im Gefängnis, für einen Mord, den sie nicht begangen hat. Zurück in der Freiheit hält sie sich mit Putzjobs über Wasser, sucht Zuflucht im christlichen Glauben, ist jedoch im Inneren nur von einem Gedanken getrieben: Rache. Da tritt Omar in ihr Leben. Auch der junge Syrer, der im Krieg einen Arm verloren hat, ist auf der Suche nach Orientierung und einem neuen Lebenssinn. Die beiden musizieren zusammen, geben einander Halt, doch die neugefundene Harmonie ist äußerst fragil. Regisseur und Drehbuch-Autor Chris Kraus hat die Fortsetzung von »Vier Minuten« als großen Bilderbogen konstruiert, mal dramatisch und zupackend, dann von stiller Intensität.

Anlässlich des Kinostarts von "15 Jahre" haben wir unser Interview mit Hannah Herzsprung aus dem Jahr 2017 für Sie kostenlos im GALORE Archiv freigeschaltet. Sie können das komplette Interview hier lesen.

Ingo Scheel