Musik

10.05. | Album der Woche

Emmanuel Pahud • Mozart Stories

Warner Classics · 3. Mai

10.05. | Album der Woche - Emmanuel Pahud • Mozart Stories

Foto: Anoush Abrar


»Meine musikalische DNA«

Für den Flötisten Emmanuel Pahud hat Wolfgang Amadeus Mozart eine ganz besondere Bedeutung. Das zeigt er einmal mehr auf seinem neuen Album »Mozart Stories«.

Emmanuel Pahud, Sie haben am 27. Januar Geburtstag – am gleichen Tag wie Wolfgang Amadeus Mozart. Ist das ein Grund, extra ausgiebig zu feiern?
Zuerst denke ich da immer an meine Mutter, die an dem Tag so hart gearbeitet hat. Aber tatsächlich, gerade seitdem ich Musiker geworden bin, ist es ein schöner Glücksfall, den Geburtstag mit Mozart zu teilen. Und vor allem, diesen dann während der Mozart-Woche mit Mozart-Konzerten zu feiern.

Auch abgesehen vom gemeinsamen Geburts­tag haben Sie eine besondere Beziehung zu dem Komponisten.
Das ist richtig – dank ihm bin ich Flötist geworden. Mit fünf Jahren hörte ich im Treppenhaus diese Melodie aus der Nachbarswohnung, die mir nicht mehr aus dem Kopf ging. Ich habe sie gesummt, gepfiffen, gesungen und getanzt. Es handelte sich um das Flötenkonzert Nr. 1 von Mozart. Der Nachbar übte es ständig, weil er sich auf eine Prüfung vorbereitete und das hat sich bei mir eingeprägt, so wurde es zu meiner musikalischen DNA. Zuvor hatte ich keinerlei Berührungspunkte mit klassischer Musik.

Und von da an wussten Sie, dass Sie Flötist werden wollen?
Es gab schon andere Dinge, die mich auch interessiert haben: Sport, Klavier, ein bisschen Schauspiel. Bis zum Alter von 15 war alles recht offen – bis zu meinem ersten Auftritt mit Orchester mit diesem Flötenkonzert! Die Flöte hat sich angefühlt wie eine Verlängerung meines Atems; meine Visionen, Träume, Emotionen und meinen Seelenzustand konnte ich beim Spielen sofort auf dem Instrument umsetzten und ausdrücken. Mit 25 Jahren habe ich die Flötenkonzerte von Mozart dann mit den Berliner Philharmonikern und Claudio Abbado aufgenommen.

Welche Rolle spielt Mozart heute für Sie?
Wenn ich auf 35 Jahre Arbeit als Musiker zurückblicke, dann ist Mozart ein treuer Begleiter. Inmitten meines Repertoires ist seine Musik wie ein Sonnenstrahl, positive Energie, himmlischer Gesang. Ich habe das Gefühl, seine Musik macht mich zu einem besseren Menschen.

Dabei heißt es ja, Mozart mochte die Flöte gar nicht. Es gibt diesen Brief an seinen Vater, in dem er sich sehr aufgeregt hat – aber nicht über die Flöte! Er sollte für einen Amateurflötisten vier Flötenkonzerte und sechs Flötenquartette schreiben. Dem Auftraggeber war die erste Lieferung zu schwierig, und er bat Mozart, etwas Einfacheres zu komponieren. Ein Schöpfer lässt sich aber nicht gerne diktieren, was genau geschrieben werden soll. Und so kam dieser böse Brief zustande – dabei ging es um den Auftraggeber und nicht um das Instrument. Mozart hat tolle Musik für die Flöte geschrieben, ob als Solowerk oder als Teil des Orchesters.

Trotzdem spielen Sie auf Ihrem neuen Album Sonaten, die Mozart ursprünglich für die Violine geschrieben hatte. Warum eignen sich diese auch für die Flöte?
Mozart hat die Flöte behandelt wie etwas zwischen der Violine und der menschlichen Stimme. Es lag für mich also nahe, die Violinsonaten zu spielen – zumal er sie zu einer Zeit geschrieben hat, als er sich auch viel mit Flöten- werken beschäftigte. Es ist eine sehr ähnliche melodische Sprache. Eine Sammlung dieser Sonaten wurden übrigens bereits zu Mozarts Zeiten für die Flöte veröffentlicht.

Inwiefern verändern sich die Stücke, wenn sie auf der Flöte gespielt werden – im Ver­gleich zur Violine? Für mich bietet die Flöte eine ganz andere Klangpalette. Was etwa den Ansatz betrifft, können wir Flötisten mit der Zunge scharf oder auch locker spielen, was weicher klingt als der Bogen auf einer angespannten Saite. Vibrato wird auf der Geige mit dem Finger gespielt, auf der Flöte modulieren wir die Luft. Was die Ton- lage angeht, klingt die Geige in der Tiefe volu- minöser, die »Klangpaste« auf der Flöte ist in dem Bereich homogener. In der mittleren und hohen Lage besitzt die Violine eher eine Zitrus- note, während die Flöte geradezu sahnig wirkt.

Wie Mozart wohl selbst seinen Geburtstag gefeiert hat?
Er hat sicherlich übertrieben. (lacht)


Emmanuel Pahud Emmanuel Pahud Mozart Stories Warner Classics • 3. Mai

Auf »Mozart Stories« spielt der Schweizer Flötist vier Violinsonaten von Mozart auf der Flöte, begleitet vom Pianisten Eric Le Sage. Durch die Kombination der Sonaten in B-Dur, C-Dur, E- Moll und G-Dur gelingt ihm ein abwechslungsreiches Album, das mal sprudelt und zum Tanz einlädt, mal voller Trauer und Wut daherkommt und dann wieder absolute Vollkommenheit ausstrahlt. Die B-Dur-Sonate beschreibt der 54-Jährige als »unglaublich frühlingshaft – da gibt es Blumen, Parfüm, wärmende Sonnenstrahlen und Wolken, die kommen und gehen.« Wer möchte da nicht eintauchen?

Lydia Evers