Musik

07.07. | Album der Woche

Gabriels • Angels & Queens

Parlophone/Warner

07.07. | Album der Woche - Gabriels • Angels & Queens

Foto: Amelie Troubridge


Soul Outta Compton

Ein Trio aus Los Angeles arbeitet an der Erneuerung des Souls. Neben Produzent und Keyboarder Ryan Hope sowie Komponist und Geiger Ari Balouzian ist es vor allem die Ausnahmestimme des Gospelsängers Jacob Lusk aus Compton, mit dem die Gabriels schon vor der vollständigen Veröffentlichung ihres zweiteiligen Debütalbums zu Superlativen neigen.

Jacob Lusk, was kann Soulmusik 2023 noch erreichen?

Ich denke, dass es durch Social Media und die Vernetzung der Welt fast keine Grenzen mehr gibt, wie weit Musik gehen kann, ganz gleich, um welche Stilrichtung es sich handelt. Außerdem haben sich Kulturen überlagert und weiterentwickelt. Es gibt nicht länger die hermetischen Kreise, in denen etwa Hip-Hopper ausschließlich Hip-Hop hören. Hier hat sich die Welt auf erstaunliche Art und Weise transformiert. Wir haben gerade erst auf dem Coachella Festival in Kalifornien gespielt, und ich dachte noch kurz vor der Show, dass diese Kids unsere Musik nicht mögen werden. Stattdessen war das Zelt komplett überfüllt und die Leute haben es geliebt.

Dennoch gibt es nur eine sehr überschaubare Zahl an Newcomern im Soul-Bereich.

Stimmt, es gibt nicht viele junge Talente. Das gibt mir wiederum immer das Gefühl, etwas Besonderes zu machen. Aber vielleicht ermutigen wir mit den Gabriels ja auch einige andere, diesen Weg zu gehen.

Besonders ist auch der Umstand, dass Sie Ihr Debütalbum »Angels & Queens« in zwei Teilen veröffentlichen.

Ich vergleiche das gerne mit einem feinen Menü, bestehend aus verschiedenen Gängen. Würde man den Salat, die Suppe, das Steak und den Nachtisch gleichzeitig mit Wein und Kaffee serviert bekommen, wäre das entschieden zu viel. Das ist bei unserer Musik nicht anders. Sie neigt dazu, sehr dicht zu sein. Deshalb müssen wir sie in Portionen servieren.

Auf den Covern der beiden Platten sieht man Sie bei einer Taufszene. Wie viel Symbolik steckt da drin?

Die Täuferin ist meine Tante. Ich wollte dem Ganzen aber gar nicht unbedingt eine christliche Referenz verleihen. Eigentlich soll die Szene vielmehr eine Erneuerung als eine Taufe darstellen. Mein altes Leben wird abgewaschen und ein neues kann beginnen. Der Fotoshoot an sich war ein sehr besonderer Moment, den ich gerne mit der Szene aus der »König der Löwen« vergleiche, als Simba der Welt gezeigt wird und »The Circle Of Life« ertönt.

Sie sind in einem streng gläubigen Haushalt aufgewachsen. Wie viel Einfluss hat das auf Ihre Kunst?

Mein Glaube funktioniert ein bisschen anders als der vieler anderer Menschen in den USA. Ich denke, dass Gott jeden liebt, auch die, die nicht an ihn glauben. Auch sie sind aufgefangen und behütet. Das unterscheidet sich fundamental zur vielfach verbreiteten christlichen Lehre, bei der man zwingend glauben muss, um sich der Barmherzigkeit Gottes sicher zu sein. Mir ermöglicht das, viel offener zu sein und jedem Menschen gleichermaßen zu begegnen. Es erlaubt mir, ein kleines Licht in der Welt zu sein.

Und die Kirche erlaubte es Ihnen, Ihre außergewöhnliche Stimme zu schulen.

Das stimmt. Ich habe schon in jungen Jahren sehr viel in der Kirche gesungen. Und um ehrlich zu sein, war ich anfangs nicht besonders gut darin. Aber ich habe es sehr genossen und bin dabeigeblieben. Ich wurde besser und lernte den Gospel und den Jazz zu lieben.

Ihre beiden Mitstreiter Ryan Hope und Ari Balouzian haben damals den Chor besucht, den Sie geleitet haben.

Das ist richtig. Und zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich daran nicht einmal besonders interessiert war. (lacht) Ich dachte, ich verhelfe dem Chor zu diesem Auftritt und bin dann raus. Aber Ryan und Ari fragten nach mir: »Wo ist der Chorleiter?« Und ihnen wurde gesagt, ich würde nicht kommen. Sie wollten mich aber unbedingt dabeihaben, suchten nach mir und fanden mich schließlich in der Kirche. Sie bauten dort ein kleines Studio auf und ich habe die noch fehlenden Parts eingesungen. Es war der Anfang einer Freundschaft, aus der die Gabriels entstanden.

Eine Band, die nur kurz darauf von Elton John hofiert wurde, der sagte: »Diese Songs sind das Bahnbrechendste, das ich in den letzten zehn Jahren gehört habe.«

Ich bin wirklich mehr als dankbar, dass jemand von diesem Kaliber, sich auch nur im Ansatz dafür interessiert, was ich tue. Das fühlt sich sehr besonders an.


Gabriels - Angels Gabriels
Angels & Queens

Parlophone/Warner, Part II ab 7. Juli

Benannt nach der St. Gabriels Avenue, in der Keyboarder Ryan Hope aufwuchs, sind die Gabriels schon vor ihrem Doppelalbum Debüt gefragte Künstler. Ihre EPs »Love And Hate In A Different Time« und »Bloodline« entzücken Stars von David Byrne bis Elton John. Nachdem er bei American Idol von sich hören machte, sang Jacob Lusk bereits als Backgroundsänger für Gladys Knight, Beck und Diana Ross. Religiös aufgewachsen, wurde seine Stimme im kirchlichen Gospel und Jazz geschult, die im zeitgenössischen Soundgewand seiner Kollegen zu einem Spektakel wächst, das mit Hilfe von R’n’B und kammermusikalischem Artpop den Traditionen des Souls Vorschub leistet und mal an Anthony & Johnsons, mal an Benjamin Clementine denken lässt.

Daniel Thomas