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07.03. | Kinostart der Woche

Die Berufung

Die berufungDIE BERUFUNG

Entertainment One • 07. März

Ruth Bader Ginsburg dürfte die berühmteste Juristin der Welt sein und wurde am Obersten Gericht der USA zum Star. In ihrem Film „Die Berufung“ zeigt Mimi Leder nun die Anfänge von Bader Ginsburgs Karriere, während der die brillante Feministin noch als Anwältin anstatt als Richterin für gesellschaftlichen Wandel kämpfte. Wir trafen Hauptdarstellerin Felicity Jones („Star Wars: Rogue One“) zum Interview.

Miss Jones, berühmt ist Ruth Bader Ginsburg, heute Richterin am Supreme Court, vor allem in den USA. Wann haben Sie diese bemerkenswerte Frau zum ersten Mal wahrgenommen?

Ich muss gestehen, dass ich erst im Zuge des Films anfing, mich intensiver mit ihr zu beschäftigen. Vorher kannte ich Bader Ginsburg eher flüchtig und nur dem Namen nach. Wobei ich mich daran erinnere, wie meine Mutter vor einigen Jahren im Radio eine Sendung über eine amerikanische Anwältin hörte und danach meinte, dass das eine tolle Rolle für mich sei. Sie meinte Ruth Bader Ginsburg.

Sie haben sie dann vermutlich auch persönlich getroffen, oder?

Selbstverständlich, allerdings erst nach einigen Monaten der Vorbereitung und Recherche. Ich habe mir viele Tonaufnahmen angehört, vor allem von ihren Plädoyers vor Gericht. Das war besonders wichtig, denn ich spiele ja die junge Ruth Bader Ginsburg, deren Stimme und Auftreten heute noch mal anders sind. Aber es war enorm spannend, diese außergewöhnliche Frau kennenzulernen und den Weg nachzuvollziehen, den sie zurückgelegt hat, von der Studentin und Berufsanfängerin, die ich im Film verkörpere, hin zu der 86-jährigen Ikone, die sie heute ist.

Waren Sie sehr nervös?

Allerdings, denn wenn man eine reale Person spielt, wünscht man sich immer, dass diese einen mag und mit der Darstellung zufrieden ist. Wobei Bader Ginsburg schon im Vorfeld alle Drehbuchfassungen gelesen und auch meine Besetzung befürwortet hatte.

Geschrieben wurde „Die Berufung“ von Bader Ginsburgs Neffen Daniel Stiepleman...

So ist es, deshalb war sie von Anfang an involviert, zumindest soweit sie es wollte. Bei meinem Treffen mit ihr ging es einfach nur darum, sich kennenzulernen und eine Vertrauensbasis zu entwickeln. Sie nahm mich mit in ihr Appartement, wo ich Fotos machen durfte und zeigte mir stolz ihren Schreibtisch. Der steht neben ihrem Bett, und wenn sie mitten in der Nacht einen Geistesblitz hat, setzt sie sich direkt daran und schreibt ihre Urteile.

Was macht diese Frau in Ihren Augen so faszinierend für das Kino?

Das Besondere ist ihre Mischung aus Schüchternheit und Macht. Diese zurückhaltende Persönlichkeit, die sich dennoch Gehör zu verschaffen weiß, hat unglaubliche Veränderungen im amerikanischen Justizsystem bewirkt. Herauszufinden, wie genau ihr das gelungen ist, fand ich höchst spannend. Sie ist stets sehr behutsam und vorsichtig vorgegangen, weil sie genau wusste, wie viel Angst die Menschen vor Veränderungen haben. Schritt für Schritt machte sie sich daran, die Verfassung zu justieren, auch, damit die Veränderungen nicht ohne Weiteres wieder rückgängig gemacht werden konnten, sondern bleibende Wirkung hatten. Für mich ist sie eine stille, unbeirrbare Kriegerin gewesen, angetrieben – auch wenn man das nicht immer spürt – von einer großen Wut, die sie produktiv zu nutzen wusste.

In der Tat wirkt sie nie aufbrausend, sondern immer sehr kontrolliert und beherrscht. Konnten Sie das nachvollziehen?

Ich persönlich bin ganz anders. Vielleicht liegt es an meinen italienischen Wurzeln, aber auf jeden Fall bringe ich meine Meinung meist lautstark zum Ausdruck und halte mit nichts hinter dem Berg. Aber Richterin Ginsburg stammt natürlich auch aus einer ganz anderen Generation. Der Geist der 50er-Jahre hat sie enorm geprägt. Gerade für Frauen galt damals der Anspruch, sich in der Öffentlichkeit keinerlei Blöße zu geben. Und so war und ist sie nach außen stets unverkennbar ein Produkt ihrer Zeit gewesen, doch innerlich ein rebellischer Punk.

Kennen Sie den oscarnominierten Dokumentarfilm „RBG“?

Den habe ich selbstverständlich gesehen. Und ich liebe diesen Spitznamen für sie! Er klingt wie der Name eines Rappers, und tatsächlich kämpft sie ja für sozialen Wandel, was auch dem ursprünglichen Geist des Hip-Hops entspricht. Wenn sie in unserer Gesellschaft einen Missstand erkennt, zum Beispiel eine Regelung, von der nur eine ganz bestimmte Gruppe profitiert, dann setzt sie alles daran, diesen Zustand zu verändern. Interview: Tim Rosenthal