
Tori Amos
„Du kannst keine Ja-Sagerin und gleichzeitig eine einzigartige Künstlerin sein.“
Zur Person
Tori Amos (geboren am 22. August 1963 in North Carolina) ist die Tochter eines Methodisten-Pfarrers, ihr Großvater gehört zum Stamm der Cherokee-Indianer. Schon als Kind erhielt sie eine musikalische Ausbildung, mit 13 spielte sie als Pianistin in Bars und behauptete sich dort gegen das hauptsächlich männliche Publikum. Mit 19 ging sie nach L.A., um von der Musik zu leben. Zunächst versuchte sie sich als Rocksängerin, was wenig erfolgreich war. Viel besser lief ihr erstes Album mit sehr persönlichen Pianosongs: Little Earthquakes war 1992 ein Hit und etablierte Tori Amos als weibliche Antwort auf den Grunge. Seitdem veröffentlich sie regelmäßig Platten, das neue Werk Native Invader ist ihr 15. Album. Sie ist seit 1998 mit dem englischen Studiotechniker Mark Hawley verheiratet, das Paar hat eine 17 Jahre alte Tochter.
14.04.2014, Hamburg. Obwohl Tori Amos die Woche zuvor in Deutschland ihr kommendes Album vorgestellt hat, erreichen wir sie nun telefonisch in England. Tief und dunkel dringt ihre Stimme durch die Leitung. Bevor die Musikerin eine Frage beantwortet, nimmt sie sich einige Momente Zeit zum Nachdenken. Dann aber redet sie – lange und ausführlich. Zwischendurch lacht und scherzt sie, von Exzentrik keine Spur. Sie erzählt über ihr Verhältnis zu Tochter Tash, die eigenen Teenagerjahre, was sie in ihrer Karriere bereut und wieso sie auch mit 50 noch knallenge Hosen auf der Bühne tragen kann.
Frau Amos, Ihr neues Album heißt „Unrepentant Geraldines“. Das lässt sich mit „reuelose Geraldinen“ übersetzen. Gibt es nach fast 30 Jahren im Musikgeschäft etwas, das Sie selber bereuen?
Tori Amos: Sofern es den Albumtitel betrifft, bedeutet ‚unrepentant’, sich für nichts zu entschuldigen, nichts zu bedauern. Das ist mein Statement als Künstlerin mit 50. Als Privatperson ist die Frage nach dem Bedauern etwas anderes. Ich bin sicher, jeder bedauert irgendetwas, von dem er heute weiß, dass er es anders hätte machen können oder sollen. Als Künstlerin aber habe ich mich spätestens mit der Arbeit an meinem Album „Little Earthquakes“ bemüht, meiner künstlerischen Vision treu zu bleiben. Es gab sicherlich Momente, in denen ich Menschen und Situationen etwas charmanter hätte begegnen können, aber ich habe immer für die Kunst gekämpft. Vor „Little Earthquakes“ erlebte ich mit meinem Debütalbum einen ziemlichen Misserfolg. Das hat mich bis heute eine Menge gelehrt.
Zu einer dieser Lehren gehört es, weder die Erwartungen der Musikindustrie, noch die anderer Leute zu erfüllen, richtig?
Ja. Und es hat mich außerdem gelehrt, dass du nicht zwei Meistern dienen kannst. Du kannst keine Ja-Sagerin und gleichzeitig eine einzigartige Künstlerin sein. Du musst ‚nein’ sagen können zu den Mächtigen dieser Welt. Das ist vor allem dann nicht so leicht, wenn du Teil eines Teams bist, das darüber entscheiden muss, ob jemand für den Job taugt oder nicht.