
Till Brönner
„Im Idealfall verhandelt man das Leben jeden Tag aufs Neue.“
Zur Person
Till Brönner, Jahrgang 1971, stammt aus Viersen und begann im Alter von acht Jahren mit dem Trompetenunterricht. Er spielte in verschiedenen Big Bands und studierte Jazztrompete an der Kölner Hochschule für Musik. Sein Debüt „Generations of Jazz“ erschien 1993. Er arbeitete u.a. mit Klaus Doldinger, James Moody und Joe Sample und komponierte wie produzierte 1999 für Hildegard Knef das Album „17 Millimeter“. Er wirkte als Juror in der Musik-Castingshow „X Factor“ mit und veröffentlichte 2014 seinen ersten Porträt-Band „Faces of Talent“, für den er nationale und internationale Stars fotografierte. Bereits zwei Mal wurde er für den Grammy nominiert und ist der einzige Künstler, der in allen drei Kategorien (Jazz, Pop und Klassik) den Echo gewonnen hat. Seit 2009 ist der Vater eines Sohnes als Professor an der Hochschule für Musik in Dresden tätig.
11.06.2016, Hamburg. Über sein neues Album „The Good Life“ sagt Jazz-Superstar Till Brönner in einem offiziellen Trailer: „Es ist die Sehnsucht nach dem, was wir, wenn die Lampen ausgehen, wirklich erleben wollen.“ Die Lampen im The George Hotel sind noch nicht aus, aber stark gedimmt, auf einigen Fluren ist es hier auch tagsüber so schummrig wie in guten Bars nach Mitternacht. Till Brönner ist mit seiner Trompete auf Promo-Reise, gerade kommt er aus Berlin, am nächsten Tag geht es weiter nach München. Nach taumeliger Unterwegshektik sieht Brönner trotzdem nicht aus. Er trägt Jeans, weißes T-Shirt und diesen besonders freundlichen Ausdruck im Gesicht, mit dem er bei fast jedem Satz lächelt, aber auch schlagartig ernst dreinschaut, wenn er im Laufe des Gesprächs den Jazz missverstanden wähnt. Klar, er ist Entertainer. Mehr noch aber ist Till Brönner ein Musik-Nerd.
Herr Brönner, was haben Sie für eine Lebensgeschwindigkeit?
Nachweislich eine zu langsame! Mein Grundgefühl ist, der Welt nicht hinterherzukommen. Was nicht so sehr am Dauerreisen liegt, sondern an den neuen Kommunikationsmedien. Gerade die sozialen Netzwerke entwickeln einen seltsamen Sog. Alleine die Möglichkeit, sich gegenseitig auf verschiedenen Kanälen leicht erreichen zu können, löst bei vielen Menschen offenbar das Gefühl aus, es sei eine gute Idee, das auch sofort zu tun. Danach sehen sie dich am Drücker. Es gibt also eine permanente Erwartungshaltung und alle Versuche, sie zu erfüllen, gehen von der Zeit am Instrument ab. Ich glaube, der Musiker ist gezwungen, altmodisch zu sein und sich hin und wieder sogar künstlich zu verlangsamen.
Der Jazzmusiker vielleicht sogar besonders. Beim Hören dieser Musik wird die Welt ja immer gleich ein bisschen sepiafarben.
Das stimmt nur zur Hälfte. Jazz ist keine rein rückwärtsgewandte Musikform, er war immer der Spiegel seiner Zeit, deshalb gibt es auch so viele unterschiedliche Ausprägungen. Trotzdem ist Jazz in seiner populären Form zum Soundtrack einer bestimmten Atmosphäre geworden. Man denkt an Smokings, Abende vor dem Kamin oder daran, mit jemandem zu tanzen.