Kent Nagano
„Ein Leben ohne Kunst ist keine Alternative.“
Zur Person
Kent Nagano (geboren am 22.11.1951 in Berkeley, Kalifornien) wuchs als Sohn eines Mathematikers und Architekten sowie einer Mikrobiologin in einem Elternhaus ohne Fernsehen und Musikanlage auf, dafür stand ihm ein Piano zur Verfügung. Von 1978 bis 2009 war er Music Director beim Berkeley Symphony Orchestra, seinen großen Durchbruch feierte er 1984 beim Boston Symphony Orchestra. Sein Erfolg in den USA führte zu Berufungen in Europa: von 1989 bis 1998 war er Music Director der Opéra National de Lyon und von 1991 bis 2000 zudem Music Director des Hallé Orchestra in Manchester. Heute gilt Kent Nagano als einer der herausragenden Dirigenten sowohl für das Opern- als auch das Orchesterrepertoire. Seit September 2006 ist er Music Director des Orchestre symphonique de Montréal und seit 2013 Principal Guest Conductor der Göteborger Symfoniker. Mit der Spielzeit 2015/16 begann er seine Amtszeit als Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staatsoper sowie als Chefdirigent des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg. Seit 2006 ist er Ehrendirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, dessen Chefdirigent er von 2000 bis 2006 war, bevor er als Generalmusikdirektor an die Bayerische Staatsoper München berufen wurde (2006 bis 2013).
08.02.2007, München. In der Bayerischen Staatsoper bittet Stardirigent Kent Nagano freundlich lächelnd in sein Büro im fünften Stock. Er sitzt während des gesamten Gesprächs kerzengerade, wirkt aber dennoch entspannt.
Mr. Nagano, es heißt, Sie hätten ein schwieriges Verhältnis zu Alltagsgeräuschen. Bringt das der Beruf zwangsläufig mit sich?
Kent Nagano: Wahrscheinlich. Ich verbringe mein Leben nun einmal mit dem Ordnen von Klängen. Wenn ich irgendetwas höre, bin ich – egal, ob ich will oder nicht – gezwungen zu verstehen, was da gerade passiert. Es fällt mir manchmal schwer, mit jemandem zu sprechen, wenn im Hintergrund ein Fernseher läuft. Die meisten Leute nehmen es kaum wahr, aber ich habe ein echtes Problem damit, permanent mit Geräuschen berieselt zu werden. Zu Hause habe ich weder Fernseher noch Stereoanlage und verzichte völlig auf elektronische, reproduzierte Geräusche. Das ist meine Reaktion auf den allgegenwärtigen Lärm. Und wenn ich in ein amerikanisches Kino gehe, wo man Filme unangenehm laut abzuspielen pflegt, benutze ich Ohropax.
Demnach ist Ihr Zuhause ein Ort absoluter Ruhe?
Im Gegenteil. Wir haben eine achtjährige Tochter, und Kinder produzieren den ganzen Tag Geräusche. Über die freue ich mich aber sehr, denn es ist eine sehr angenehme Art von Lärm.