Emiliana Torrini

Emiliana Torrini

„Briefe haben eine ganz andere Wucht.“

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  • Dean Rogers
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Zur Person

Zehn Jahre lang hat Emiliana Torrini kein neues Album mehr veröffentlicht, jetzt verführt sie mit den Abenteuern von »Miss Flower«. Es ist die wahre Geschichte einer altmodischen Liebe, berührt aber auch die eigene Biografie der Sängerin. Im Interview spricht Torrini über ihre Jugend in Island und Italien, das Leben zwischen zwei Kulturen und die Lektionen, die sie beim Songschreiben im Dachgeschoss einer Freundin gelernt hat. Die Musikerin zeigt sich redselig, gut gelaunt und überraschend humorvoll. Persönliche Anekdoten kommen nicht zu kurz. Wie sich herausstellt, funktionieren die Liebe und sachgemäß zubereitete Spaghetti nach einem ganz ähnlichen Rezept.

Emiliana Torrini, stimmt es, dass Ihr neues Album auf gefundenen Liebesbriefen beruht?

Ja! Die Mutter einer Freundin hat einen Karton voller Liebesbriefe hinterlassen, den wir nach ihrem Tod entdeckt haben. Miss Geraldine Flower hieß sie, und als sie noch am Leben war, habe ich sie oft in ihrer Dachgeschosswohnung besucht, um ein paar Gin Tonics mit ihr zu trinken. Sie war eine faszinierende Persönlichkeit, wie aus einem Roman. Nach ihrem Tod habe ich meiner Freundin beim Ausräumen geholfen, und da haben wir dann die Liebesbriefe gefunden. Sie mochte die Idee, diese Schriftstücke in Songs zu verwandeln, weil das wohl auch etwas Kathartisches für sie hatte. Zunächst haben wir nur einen Song geschrieben, aber je mehr wir über Miss Flower erfahren haben, desto länger wurde die Liste. Wie sich herausstellte, hat sie im Laufe ihres Lebens neun Heiratsanträge von neun verschiedenen Männern gemacht bekommen. Einer war sogar ein Geheimagent. Da ist natürlich die Fantasie mit mir durchgegangen.

Hatten Sie je das Gefühl, ihre Privatsphäre zu verletzen?

Nein. Ich wusste, dass Geraldine die Vorstellung gefallen hätte, ein Nachleben in meinen Liedern zu haben. Sie war ein Freigeist, ein Schmetterling. Sie hat ihr Leben völlig ohne Kompromisse geführt, so dass es sich für mich manchmal so anfühlte, als hätte sie vier Leben auf einmal gelebt. Männer haben sich immer sehr von ihr angezogen gefühlt. Sie haben sich schnell in sie verliebt, aber früher oder später wollten sie ihr dann immer die Flügel stutzen. Darauf hatte sie keine Lust, und deshalb hat sie nie geheiratet.

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