Literatur

Margriet de Moor

Schlaflose Nacht

Hanser · 25. Juli

In dem Theaterstück „Gier“ von Sarah Kane sagt eine Figur: „Jetzt wo ich dich gefunden hab, kann ich aufhören, nach mir selbst zu suchen.“ Erkennen wir demnach in dem anderen uns selbst? Und was, wenn der andere nicht mehr da ist? Kuchenbacken hilft ihr gegen die Schlaflosigkeit, und so nimmt uns die Ich-Erzählerin mit in die Küche – und in ihre Erinnerungen. Nebenan schläft ein Liebhaber, mal wieder einer. Doch sie sucht den Trost nicht in warmen Armen, sondern, und das seit Jahren schon, in einer Antwort. Ihr Mann hat sich erschossen. Kein Abschiedsbrief. Sie spricht von einem „beschämenden Tod“. Hat sie Schuld? Wieder einmal beschreibt Margriet de Moor, wie quälend es ist, mit Unerklärlichem zurechtkommen zu müssen. Eine Novelle, die leise daherkommt. In sprachlicher Nüchternheit wird Schmerz und Trauer seziert. So recht will es aber nicht gelingen, zum Wesentlichen vorzudringen. Die niederländische Meistererzählerin hat mit „Schlaflose Nacht“ sicher nicht ihr stärkstes Werk geschrieben.

Sylvie-Sophie Schindler