Kino

Kinotipps der Woche

Das Gesetz der Familie

Koch, 03.08.2017

Gesetz Eines muss man den Filmstars heutzutage lassen: Wenn sie ihnen gefällt, nehmen sie eine Rolle an, ungeachtet des Honorars, des Filmbudgets oder des Regisseurs. Michael Fassbender ist trotz oder gerade wegen seiner „Alien“/“X-Men“-Berühmtheit immer ganz vorne mit dabei, wenn es darum geht, möglichst unabhängig produzierte Filme mit starken Geschichten und abgefahrenen Charakteren anzustoßen (siehe „Frank“). Manchmal reicht es auch, wenn ein Film irischen Ursprungs oder Inhalts ist. Letzteres gilt für „Das Gesetz der Familie“, das Spielfilmdebüt des „Chemical Brothers“-Hausregisseurs Adam Smith. Dass es vom Generationen-Konflikt eines irischen Nomaden-Clans in West-England handelt, ist eher egal. Der Film lebt von den physischen, verbalen und erst recht non-verbalen Kollisionen zwischen Fassbender und Landsmann Brendan Gleeson. Zwei Giganten in Jogging-Anzügen, die sich so virtuos anknurren, dass sie jede Schwäche im Drehbuch vergessen machen und mit etwas gutem Willen auch jede Synchronisation.

Edda Bauer


Die göttliche Ordnung

Alamode Film, 03.08.2017

Göttliche Ordnung Rund 700 Jahre haben sich die schweizerischen Männer erfolgreich gegen den Adel gewehrt. Noch ein bisschen erfolgreicher waren sie ihm Kampf gegen die wirren Ideen ihrer Gattinnen. Die nämlich waren offiziell ihre Untertanen, wollten aber auch gerne Eidgenossinnen sein. Geschafft haben sie das jedoch erst 1971, wobei der Weg dahin ein jahrzehntelanger Gewaltmarsch war. In „Die göttliche Ordnung“ erzählt Autorin und Regisseurin Petra Volpe von den letzten Kilometern in der Appenzeller Provinz. Sie tut es mit dem Stilmittel des Bauerntheaters umgeben vom Ausstattungs-technischen Äquivalent eines Hirsch-Ragouts. Das ist durchaus angemessen und trägt zur humorigen Atmo bei, untergräbt das Anliegen aber immer dann unnötig albern, wenn es um Orgasmus-Workshops in rustikal verstaubten Hinterzimmern geht. Aber egal, ob nun in Hirn, Herz oder Unterleib, generell sitzt Volpes Botschaft schon am rechten Fleck: Frage nicht, was die Emanzipation für dich tut, sondern frag‘, was du für die Emanzipation tun kannst.

Edda Bauer


Final Portrait

Prokino, 03.08.2017

Portrait Ein Perfektionist gibt nie auf. Seine Liebe zum Detail kann, wie im Fall des Bildhauers Alberto Giacometti, zur Obsession werden. Im Jahr 1964 muss der Schriftsteller James Lord (Armie Hammer) diese Erfahrung machen, der dem berühmten Künstler in dessen Pariser Atelier Modell sitzen darf. Über viele Wochen zieht sich das Projekt, weil der Maler seine Entwürfe stets kurz vor Abschluss der Arbeit wieder verwirft und überzeichnet. Was Stanley Tuccis Biopic zeigt, ist ein amüsantes Possenstück über Geniekult, Rastlosigkeit und dem Streben nach Vollendung. Auch wenn die Geschichte wenig hergeben mag, gewährt uns „Final Portrait“ Einblick in eine faszinierende Schöpferfigur des 20. Jahrhunderts. Und auch für jene, die Giacometti nicht allzu viel abgewinnen können, ist gesorgt: Neben französischer Musik gibt es fatale Liebschaften und einen Geoffrey Rush, wie er kauziger kaum sein könnte. Dass dieses Werk uns hin und wieder packt, verdankt sich vor allem dessen schauspielerischer Brillanz.

Björn Hayer


Der Wein und der Wind

Studiocanal, 10.08.2017

Wein und Wind Cedric Klapisch kennt sich aus mit Gefühlen, die mit wegfahren, Neues kennenlernen und sich im Unbekannten zurechtfinden einhergehen. Er weiß, wie sie klingen und er weiß, wie sie aussehen, das hat er von 2002 bis 2013 mit seiner filmischen Erasmus-Austausch-Trilogie bewiesen. Noch unsicher ist er sich in Sachen Rückkehr. Da geht es Klapisch, Autor und Inszenator von „Der Wein und der Wind“, wie seinem Protagonisten Jean. Nach zehn Jahren Australien inklusive Familiengründung, kehrt Jean (Pio Marmai) in die französische Provinz zurück. Der Vater liegt im Sterben, die Schwester (Ana Girardot) hält das Weingut am Laufen, der Bruder (Francois Civil) hat in die lokale Weinbauer-Dynastie eingeheiratet. Die bedrückende Stimmung des Jetzt bricht Klapisch mit Erinnerungen an ein unbeschwertes Damals auf. Letzteres geht ihm sichtlich leichter von der Hand. So sehr, dass sich zunehmend die Frage stellt, was Jean überhaupt vor diesem landschaftlichen Familien-Idyll in die große weite Welt flüchten ließ.

Edda Bauer