Kino

Kinostarts der Woche

Vor uns das Meer

Studiocanal • 29. März

Vor uns das Meer Poster.Als der britische Amateur-Segler Donald Crowhurst (Colin Firth) erfährt, dass die Sunday Times ein Preisgeld von 5000 Pfund für den Gewinn des „Golden Globe Race“ ausschreibt, ist er Feuer und Flamme, muss er doch die Haushaltskasse aufbessern und hat auch sonst ein abenteuerliches Verhältnis zum Leben. Im Oktober 1968 bricht der Engländer auf, um die Welt zu umrunden - und das mutterseelenallein und mit einem nicht unbedingt seetauglichen Vehikel. Seiner Frau Claire (Rachel Weisz) ist so etwas wie Begeisterung indes nicht anzumerken. Als er feststellt, dass ein Sieg außer Reichweite liegt, beginnt er seine Koordinaten zu fälschen. Nachdem Regisseur James Marsh sich Stephen Hawking in „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ und Philippe Petit in „Man on Wire“ vorgenommen hat, überzeugt er erneut mit einem Biopic über einen außergewöhnlichen Charakter. Colin Firth mimt Crowhurst zugleich liebenswert, wahnsinnig und schlitzohrig und wird dabei von einer sehr präsenten Rachel Weisz kompetent unterstützt.

Lars Backhaus


Im Zweifel glücklich

Weltkino • 29. März

Im Zweifel glücklich PosterBen Stiller als Brad Sloan ist die fleischgewordene Midlife-Crisis. Mal wieder. Er begibt sich mit seinem 17-jährigen Sohn Troy (Austin Abrams) auf einen Trip, um potentielle Colleges abzuklappern, auf dem sich der Sprössling als aussichtsreicher Harvard-Aspirant entpuppt. Eine Tatsache, die ihm — neben vielen anderen — entgangen ist, quält ihn doch unentwegt die Stimme in seinem Kopf. Ständig brodelt der Neid über die Triumphe seiner alten College-Freunde, die es zu mehr gebracht haben. Alles wird durch den Filter des wehleidigen Egomanen aufdringlich eingefärbt. Dabei quält Drehbuchautor und Regisseur Mike White den Zuschauer mit endlosen inneren Monologen seines Protagonisten. Hofft man zu Beginn, der Film könne sich noch in eine veritable Satire verwandeln, muss man sich nach gut 100 Minuten seine illusionäre Verkennung eingestehen. Es gibt keine Pointe und auch keine Knappheit an Filmen, die die Angst weißer, heterosexueller Männer aus der Mittelschicht erforschen, ihr Leben verpasst zu haben.

Lars Backhaus


1000 Arten Regen zu beschreiben

Film Kino Text • 29. März

100 Arten Regen zu beschreiben Plakat.Das japanische Wort Hikikomori bedeutet ins Deutsche übersetzt so viel wie „sich wegschließen“. Bezeichnet wird damit ein von der Norm abweichendes Verhalten, bei dem Menschen alle sozialen Kontakte abbrechen, auch zu ihrer Familie, und sich in ihrem Zimmer verbarrikadieren. Meist überleben sie nur auf Kosten ihrer Eltern. Mehrere hunderttausend Menschen, meist männlich und im jungen Erwachsenenalter, sind davon allein in Japan betroffen. Nicht mehr in der Welt sein wollen, denn Rettung lauert nirgendwo – dieses Grundgefühl hat vielleicht auch Mike dazu gebracht, auf das „da draußen“ nur noch mit einer verschlossenen Tür zu antworten. Seine Eltern, dargestellt von Bibiana Beglau und Bjarne Mädel, und seine Schwester Miriam (Emma Bading) erleben dadurch 1000 Arten der Hilflosigkeit. Allen wird schmerzlich klar, dass nicht erst mit der verschlossenen Tür die Entfremdung untereinander begonnen hat. Ein eindringliches Drama, das noch lange nachhallt. Mit einem beeindruckenden Schauspielerensemble.

Sylvie-Sophie Schindler