Kino

Kinofilm der Woche

The Death of Stalin

Concorde • 29. März

In der britisch-französischen Co-Produktion „The Death of Stalin“ feuert Autor, Politsatiriker und Regisseur Armando Iannucci aus allen Rohren.

100 Jahre russische Revolution. Welcher Politsatiriker von Weltrang könnte so ein Jubiläum ungenutzt an sich vorbeiziehen lassen? Beim letzten Durchzählen waren es ungefähr alle, bis auf einen: Autor und Regisseur Armando Iannucci. Er, der das fiktional britische Unterhaus einst mit vier Staffeln Malcolm „Fucking“ Tucker (Peter Capaldi) in „The Thick of It“ beschenkte und sich selbst mit dem oscarnominierten Kino-Spinoff „Kabinett außer Kontrolle“. Er, der sich bei den Amis für den Oscar-Abend bedankte, indem er die Serie „Veep – Die Vizepräsidentin“ (Julia Louis-Dreyfus) erfand, die das Weiße Haus so dumm aussehen ließ, dass nur noch die Realität schlimmer sein könnte - und kurz darauf konnte. Apropos Realität: zu der gehört zweifellos auch der erste Generalsekretär der Sowjetunion, der schon ab 1922 den erkämpften Revolutionsgeist der Russen wieder zunichtemachte. 30 diktatorische Terrorjahre später, lacht er sich nach einer durchzechten Nacht einfach tot, und liefert Iannucci damit den perfekten Ausgangspunkt für „The Death of Stalin“. Die Leiche ist noch nicht kalt, da schleichen schon die Erben, die familiären, die ideologischen und die politischen. Einige Namen klingen bekannter als andere, was schlicht an der Dauer ihres Überlebens liegt: Stalins Schlächter und Geheimdienstchef Beria (Simon Russell Beale) wird noch im selben Jahr erschossen, Nikita Chruschtschow (Steve Buscemi) zankt sich zehn Jahre später mit Kennedy um Kuba. Molotow, sein Name war immer auch Programm, (Michael Palin) hat nach Stalins Tod wieder einen Platz im Zentralkomitee, aus dem der stets wankelmütige Malenkow (Jeffrey Tambor) nach kurzer Karriere als oberster Sowjet rausgeschmissen wird. Nikitas Kettenhund General Schukow, der einstige Befreier Berlins (Jason Isaacs), ist an dieser reinigenden Neuordnung nicht ganz unschuldig. Doch von dem Ganzen bekommt die Presse - laut Stalin der Feind des Volkes – natürlich nichts mit. All diese Ränke, Ränge, Karrieren und Schicksale werden innerhalb von vier Tagen ausgefochten – nicht nur, aber vor allem mit verbalen Geschossen und Worten, so perfide wie Tellerminen. Lachsalven statt Heulorgien heißt dabei Armando Iannuccis bewährtes Mittel in Sachen Politikbewältigung. Was historisch hilft, gilt auch für Aktuelles. Etwa wenn, wie neulich, ein republikanischer US-Senator die Rhetorik des amtierenden POTUS mit der von Josef Stalin vergleicht.

Fazit: FAZIT: Fantastische Besetzung mit sichtbarer Spiellust am bitterbösen Geschehen. Armando Iannuccis „Death of Stalin“ besticht mit pointiertem Schlagabtausch und einer treffsicheren Charakterisierung machtgieriger Speichellecker im Politkarussell. Aktuelle Bezüge sind dabei auf gar keinen Fall ausgeschlossen und jederzeit beabsichtigt.

Edda Bauer